Logo Geheim 4/1998

Kurzmeldungen zum Kongo
NGOs/NROs nach Selbstzeugnissen

NGOs (non governemental organisation; auch NROs = nicht RegierungsOrganisationen) sind nach Auskunft von A. Liese / H.P. Schmitz / A. Jeschke u.a. (siehe Aus Politik und Zeitgeschichte 46-47/98, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament des Bundespresseamtes, Bonn, bes. die Kurzfassungen auf S. 55) »die zentrale Antriebskraft im internationalen Menschenrechtsschutz«, die »stets eine Doppelstrategie verfolgt: Zum einen suchten sie die menschenrechtsschützende Arbeit der Vereinten Nationen im Berreich der Normsetzung, Normüberwachung und Normdurchsetzung zu beeinflussen, zum anderen durch eigene Initiativen zum Menschenrechtschutz beizutragen.«

Die Aktivitäten sind »äußerst vielschichtig«: »medienwirksame Kampagnen«, »Aufklärungsarbeit«, »Überwachung völkerrechtlicher Verträge«, »Beratungsdienst«, »Rechtsbeistand« . »in Kooperation mit nationalen NRO`s«.

Sie »vernetzen sich mit der innenpolitischen Opposition und tragen somit zu deren Schutz, Legitimation und Stärkung bei.«

Wer sich für die Arbeit der NGOs interessiert

Unter der Überschrift »Bonn für Entwicklungsarbeit von Nichtregierungsorganisationen« meldet die FAZ am 3.12.1998:

»mas. Bonn. 2. Dezember. Die Bundesregierung will die entwicklungspolitische Arbeit der regierungsunabhängigen Organsiationen mehr fördern. Diese Absicht hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Eid (Bündnis ï90/DIE GRÜNEN), bei einer Veranstaltung zum 10jährigen Bestehen der Beratungsstelle für private Träger in der Entwicklungszusammenarbeit (Bengo) bekräftigt. Bengo sei mit seinen viereinhalb Planstellen zwar die kleinste, aber eine der effizientesten Organsiationen im Zusammenhang mit der Entwicklungspolitik.«

Das REC und die RDC

Das Europäische Netzwerk Kongo/Kinshasa (Le Réseau Européen Congo/REC) in Brüssel, ein Zusammenschluß von 28 europäischen NGOs, darunter die Evangelische Zentrale für Entwicklungszusammenarbeit und Misereor aus Deutschland, haben den Kongo aufgerufen, »den Konflikt zu beenden und den demokratischen Prozeß fortzusetzen«.

Der Appell ist interpretationsbedürftig. Er erweist sich erst beim näheren Hinsehen als deckungsgleich mit den Forderungen der »Rebellen« und des Politikers Tschisekedi, letztlich als ein Aufruf, die im übrigen keine Erwähnung findenden Programme der Regierung Kabila zu beenden und c.g.s. zu den Verhältnissen unter Mobutu zurückzukehren.

»Grundsätzlich und von Anfang an bedeutet das militärische Eingreifen der ruandischen und ugandischen Truppen eine Verletzung der territorialen Integrität der Demokratischen Republik Kongo (RDC).« Das REC erhebt sogar die Forderung nach »Verurteilung der Aggression durch die UNO.«

REC relativiert aber diese Position sofort, indem es im Gegenzug die gerade als Aggression gegeißelte Intervention rechtfertigt mit der Sicherheitslage der beiden beteiligten Staaten und mit »der Verhinderung des demokratischen Prozesses durch die Regierung Kabila«, was beiläufig aber keine Angelegenheit im Verantwortungsbereich von Ruanda und Uganda wäre.

Mit der Forderung nach »Abzug aller fremden Truppen vom Territorium« der RDC und nach »Verhandlungen« setzt das REC die Verteidigungsmaßnahmen Kabilas - insbesondere die militärische Hilfe aus Angola, Zimbabwe und Namibia - mit der Aggression gleich und verneint damit das Recht der Regierung des Kongo auf Selbstverteidigung gegen die Aggressoren.

Die mit den ruandischen und ugandischen Truppen verbündete »Opposition« fordert von der internationalen Gemeinschaft, Druck auf Kabila auszuüben, den Abzug der Truppen Angolas, Zimbabwes, Namibias usw. zu veranlassen und Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel einer Regierung der nationalen Einheit (Wamba dia Wamba, Tschisekedi). Dabei wird die Demission der Regierung Kabila vorausgesetzt und Kabila selbst Amnestie zugesagt.

Das REC fordert »im Falle, daß die Konfliktparteien auf ihrer militärischen Option verharren«, . »Maßnahmen - ohne das Eingreifen einer neutralen multinationalen Friedensstreitmacht auszuschließen« zu finden, die geeignet sind, »den Schutz der Zivilbevölkerung und die Wiederaufnahme des Demokratisierungsprozesses zu gewährleisten.«

Am Verhandlungstisch soll erpreßbar werden, was durch die verurteilte Aggression nicht erreicht werden konnte. Da scheint Schlüssigkeit zu fehlen.

REC beschreibt die Demokratisierung als »Wiederaufnahme des Demokratiserungsprozesses im Geiste einer nationalen Versöhnung, die insbesondere beinhaltet die Aufhebung des Parteienverbots, die Freigabe der politischen Debatte mit der Anerkennung der Souveränen Nationalversammlung (CNS) und freie Wahlen.«

Das REC mißversteht - wohlwollend ausgedrückt - die von Mobutu als Machtstütze ernannte und in dem Politiker Tschisekedi personifizierte CNS aus 400 tribalistischen Parteien als »Dynamik an der Basis«. Tatsächlich gruppiert sich die größte Massenbewegung um die Regierung Kabila, was auch seine Gegner widerwillig eingestehen.

Hamuli Kabarhuza, der Generalsekretär der kongolesischen »Schwester«-NGO CNONGD belehrt: »Die Regierung Kabila ist vorläufig als vollendete Tatsache und notwendiges Übel zu begreifen. Um sich in Kinshasa durchzusetzen, müßte die Rebellion die Hälfte der Einwohner der Stadt massakrieren.«

Vor diesem Hintergrund kann der Aufruf der Regierung Kabila vom August `98: »Debout Congolais, pour défendre notre independance«, »Le Patriote«, Kinshasa, August 1998, s.a. »Solidaire« Nr. 39 vom 14. Oktober 1998, Brüssel, die Stadt gegen den Aggressor und seine Komplizen zu verteidigen, selbst in seinen bedenklichen Passagen noch als ein Aufruf zur Selbstverteidigung gesehen werden, wie sie auch von den Regierungen der vom deutschen Faschismus besetzten Länder erlassen wurden.

Es geht um die alte Fragestellung »Räte oder Nationalversammlung«, für den Congo heute: »Front Patriotique« (FP) oder »Conference Nationale Souveraine /CNS). Die Forderung nach »Fortsetzung der Demokratisierung« könnte unter diesen Bedingungen mit besseren Argumenten Unterstützung der Regierung Kabila bedeuten.

(ausgewählt, übersetzt und in den Zusammenhang gestellt von hpb)


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