Logo Geheim 3/1998

La-Belle-Prozeß: Der CIA-Virus grassiert, auch Frau Richterin ist krank

Seit November 1997 müssen sich fünf Angeklagte für einen 1986 gegen die Westberliner Diskothek »La Belle« verübten Bombenanschlag verantworten. Blutige Bilanz: Zwei tote US-Soldaten, eine junge Türkin starb, 260 Menschen wurden verletzt. (...)

Dieser Prozeß war von der nunmehr Gesamtberliner Justiz mit großem Getue als gründlicher Aufklärungsfeldzug wider den Gaddafi-Terrorismus angekündigt worden. Doch im Grunde stützte sich die Anklage nur auf das inzwischen zurückgezogene Geständnis des Angeklagten Musbah Abulgasem Eter. Der wurde als Mitarbeiter des Gaddafi-Geheimdienstes präsentiert und bisweilen auch so behandelt. Jüngst allerdings entschied das Gericht, man könne dessen detaillierte Aussagen über Tatvorbereitung und Tathergang vorläufig nicht nutzen. Warum? Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis haben den Angeklagten 1996 durch eine zu Unrecht in Aussicht gestellte Strafmilderung getäuscht. Irgendwie, so ließ Eter durchblicken, habe er auch den BND zu verstanden, als ob ihm Freiheit garantiert sei.

Wegen dieser Gerichtsentscheidung lehnten Staatsanwalt und Nebenklage die Richter ab. Grund: Befangenheit. Das war in der vergangenen Woche. Entschieden ist nichts, das Problem liegt laut Prozeßordnung auf dem Tisch einer anderen Kammer. Sollte die dem Antrag stattgeben, müßte der Prozeß neu aufgerollt werden. Was stets schwierig schien, ist nun kaum noch und dann gewiß nicht mehr möglich - Wahrheitsfindung.

Der Verdacht, daß irgendwer Fäden zieht, die nun zu Stolperdrähten werden, hat nun neue Nahrung. Kollegen des ZDF-Magazin »Frontal« wollen herausgefunden haben, daß Eter bereits vor dem Anschlag ein Mann der CIA war. Den TV-Rechercheuren liegen Listen aus der Berliner US-Botschaft vor, auf denen vermerkt ist, mit wem der Libyer dort konferierte. (...)

Das allerdings würde allerlei Verzögerungs- und Verneblungsversuche der Berliner Ermittler im In- und Ausland erklären. So macht es einen Sinn, daß ursprünglich wegen gemeinschaftlichen Mordes Gesuchte nicht mehr auf den Fahndungslisten auftauchten. Zumindest zwei dieser im Jargon »Free-Lancer-Agents« genannten Geheimdienstsöldner konnten entkommen. Einer soll wieder in Libanon oder in Syrien leben. Einen weiteren wollen »Frontal«-Kollegen in Norwegen ausgemacht haben. Dieser Mohammad Assad Ameiri sei nicht unvermögend und stehe kurz davor, die norwegische Staatsbürgerschaft zu erhalten. In Bonner Regierungsbüros soll man seinen Aufenthaltsort seit langem kennen. Ein Auslieferungsersuchen wurde nicht abgesandt. Das wäre wohl zu unfair gegenüber den israelischen Mossad-Kollegen, die Ameiri angeblich an ihrer langen Leine führen.

Das alles klingt abenteuerlich. Doch nicht unwahrscheinlich, wenn man sich die Zeit Mitte der 80er Jahre betrachtet. Auch damals führten die USA Krieg gegen den internationalen Terrorismus. Wo dessen jeweilige Zentrale zu finden ist, dafür lieferte die CIA jederzeit passende Beweise. (...)

Gekürzt aus: »Neues Deutschland«, 26.8.98


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