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Bücher - Rezensionen - Neuerscheinungen
Teil II

Delikt: Antifaschismus Briefbombenterror in Österreich und Kriminalisierungskampagnen von rechts«

Wolfgang Purtscheller u.a., Elefanten Press Berlin 1998, DM 29,90.

Ein »rassenreines« und »deutsches« Österreich wollte (will?) sie herbeibomben, die »Bajuwarische Befreiungsarmee« (BBA). Dafür verschickte die mysteriöse Gruppierung von Dezember 1993 bis Ende ï96 insgesamt 28 Brief- und Rohrbomben.

Vier Menschen starben bei der Anschlagserie, elf wurden teilweise schwer verletzt. Die Ermittlungsbehörden hatten zunächst angeblich keine Spur - bis zum 1. Oktober 1997, als bei einer Gendameriekontrolle der Vermessungsingenieur Franz Fuchs überraschend (?) festgenommen wird. Der 48jährige bringt bei seiner Verhaftung eine Bombe zur Explosion, die seine Unterarme abreist. Im anschließenden Verhör outet sich Fuchs als »Nummer drei« der BBA.

Schnell sprechen Polizei und Presse von einem Einzeltäter und Sonderling: »Nach der Festnahme«, so die Buchautoren, » ging ein befreites Aufatmen durch die innenpolitische Szene, allenthalben war man nunmehr eifrig bemüht, die leidige Sache mit dem rechten Terrorismus als »erledigt« abzutun. Die Aktionen hatten in der Folge auch zwei Innenminister und einen Chef der Staatspolizei den Job gekostet. Daneben hatten sie eine Reihe von Gesetzen hin zum autoritären Überwachungsstaat provoziert und einen innenpolitische Entwicklung forciert, die in einigen zentralen Aspekten Jörg Haiders autoritär-plebiszitäre »Dritte Republik« vorwegnimmt«.

In Ihrem Buch beschreiben Purtscheller und seine Mitautoren den Versuch der rechtspopulistischen Haider-Partei, FPÖ, vom »eigenen ideologischen Gleichklang mit den völkischen Thesen der BBA abzulenken« und dabei Antifaschisten in Österreich zu kriminalisieren. Eifrige Helfer bei der FPÖ-Desinformationskampagne: Polizei, Justiz, Presse und sozialdemokratische Innenminister der österreichischen Bundesregierung.

Ein hochgradig spannendes Thema, aber leider ein für Außenstehende häufig äußerst schwer verständliches, weil verwirrend geschriebenes Buch. Wo war der Lektor/die Lektorin? Beispiel Vorwort: Dort spricht Elfriede Jelinek im ersten Satz von einer »Oberwarter Katastrophe«. Auf den folgenden zweieinhalb Seiten folgt keine Erklärung, nicht einmal eine Fußnote ist angefügt. Erst im Verlaufe des Buches erfährt der unkundige Leser, daß am 4. Februar 1995 im österreichischen Oberwart vier Roma durch eine BBA-Sprengfalle starben.

Der Buchtext selbst: Namen, Ereignisse, Schlußfolgerungen, Beweise und Kommentare werden wild durcheinander gewürfelt. Man hat das Gefühl mit einer Achterbahn von Namen, Abkürzungen und Ereignissen unterwegs zu sein. Ein Beispiel (S. 67): »Bei der Ermittlungsgruppe zu Ebergassing wirkte auch ein Gendarm namens Christian Pollack mit, der sich - laut Sachverhaltsdarstellung der EBT betreffend den Journalisten Klaus Kuffner und andere - in Stadler-nahen Kreisen als »Kriminalbeamter und Ex-EBTler« ausgab; zumindest stellte er sich als solcher bei einem Treffen zwischen Kuffner, den ORF-Journalisten Bernd Ender und Robert Altenburger sowie dem österreichischen FPÖ-Landesrat Hans Jörg Schimanek senior am 4. November 1996 vor.«

Leider sind ähnlich verwirrende Passagen im Buch keine Seltenheit. Ein
- für solche Fälle - mit Erläuterungen versehenes Register zu beteiligten Personen und Organisationen hätte teilweise Abhilfe schaffen können, aber es fehlt. Der außenstehende Leser hat es daher schwer am Ball zu bleiben. Der Rezensent war daher fast versucht - und das passiert ihm bei solchen Themen selten- vor Ende des Buches aufzugeben. Auf S. 76 notierte er: »Hilfe! Namen prasseln auf mich ein. Man kann dem Geschehen nicht mehr folgen. Wer spielt welche Rolle? Ständig nerven Wiederholungen, gezwungenen ironische Schreibe, Nebensächlichkeiten und Abkürzungen.« Thema Abkürzungen: statt FPÖ-Chef/Klubmann etc. muß ich im Buch immer wieder lesen: F-Mann/F-Klubmann etc. Furchtbar! Unter Insidern vielleicht Umgangssprache, aber gehört die in ein solches Buch?

Diese Kritik tut dem Rezensenten weh. Denn das Buch bleibt ungeachtet aller Mängel äußerst interessant. Es beschreibt die Folgen einer - dank breiter gesellschaftlicher Unterstützung - erfolgreichen Anti-Antifa-Kampagne. Und die hat gesellschaftliche und persönliche Folgen: ein nachhaltiger Rechtsruck - so die Buchautoren - innerhalb Österreichs und persönliche Konsequenzen für einen unliebsamen, weil kritischen und renommierten, Journalisten: Wolfgang Purtscheller.

Wer wissen möchte, was in dieser unserer Republik demnächst möglich ist, werfe einen Blick über den Alpenrand. Denn was den »Ösis« recht war, sollte uns »Piefkes« doch bald billig sein - oder Herr Kanther/Herr Schily(?)? (C.H.)

Klaus Steiniger, Tops und Flops - Die Geschäfte der US-Geheimdienste, Elefanten Press Verlag, Berlin, DM 34,90

Der »Kundschafter« des Ministerium für Staatssicherheit der DDR Rainer Rupp saß jahrelang an den Schaltstellen der NATO-Stäbe in Brüssel, hatte Einblicke in die geheimsten Papiere der NATO-Strategen. Rupp alias »Topas« hatte damit Zugang zu Destabilisierungsplänen und Plänen für Kriegsvorbereitungen. Nach der Zerschlagung der DDR wurde er von einer bundesdeutschen Siegerjustiz zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt, während bundesdeutsche Geheimdienstagenten für in der DDR erlittene Haftstrafen großzügig entschädigt wurden. So etwas nennt man zuweilen auch Klassenjustiz. Rainer Rupp hat ein Vorwort für das Buch Klaus Steinigers geschrieben, in dem es u.a. heißt: »Ungeschönt und ungeschminkt gibt der Autor Einblick in Methoden und Umfeld nicht nur der CIA, sondern auch der anderen amerikanischen Geheimdienste, denen zusammen jährlich 30 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen, um ihre unheimliche Macht zu entfalten.«

In der Presseinformation des Verlages heißt es weiter zu diesem Buch: »Mit großer Sachkenntnis gibt der Autor Einblick in Methoden und Umfeld der wichtigsten US-Geheimdienste, deren Aufgaben und Ziele sich grundsätzlich decken: Sie sollen den Einfluß der USA weltweit sichern. Verblüffend ist in Anbetracht dieses Staats im Staate, der oft auch die eigene Bevölkerung im Visier hat, wie dilettantisch und verbrecherisch die Verantwortlichen vorgehen. Die blutige Spur, die US-Geheimdienste hinterlassen, steht im krassen Widerspruch zu den moralischen Verlautbarungen der zweitältesten Demokratie.«

Wir werden das Buch in einem unserer nächsten Hefte rezensieren.


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