Logo Geheim 3/1998

Bombenspezialist und CIA-Agent

Der Mann ist inzwischen 70 Jahre alt, aber immer noch umtriebig. Sein Feindbild ist seit 1959 klar: Fidel Castro und die cubanische Revolution. Er heißt: Luis Posada Cariles und arbeitet praktisch genauso lange für den nordamerikanischen Geheimdienst CIA wie er die cubanische Revolution bekämpft. Mitte Juli diesen Jahres trat er aus dem Halbdunkel heraus, mit der er sich gezielt umgab und die Öffentlichkeit mied. Er gab einer der führenden Tageszeitung der Vereinigten Staaten, der »New York Times« ein Interview, das für ziemlichen Wirbel sorgte.

Posada wäre kein Geheimdienstprofi, hätte er nicht zuvor alle Varianten möglicher Entwicklungen durchgespielt, die durch dieses Gespräch mit Journalisten ausgelöst werden könnten. So spricht er offen aus, was ihm vorschwebt: »Es gibt zahlreiche Wege, um eine Revolution zu machen, und ich habe einige bestritten. Aber sie (die Cubaner) brauchen etwas, um das Feuer zu starten, und das ist mein Ziel.«

In diesem Sinne bekannte sich Posada offen zu Bombenanschläge, die zwischen April und September 1997 Tourismusanlagen heimgesucht hatten (GEHEIM berichtete darüber). Es gab einen Toten und mehrere Verletzte. Der tote italienische Spezialist spielt für Posada keine Rolle, denn für ihn saß »der Italiener am falschen Ort zur falschen Zeit«. So einfach ist das eben. Solche Spezialoperationen (Bombenschläge, Sabotage- und Mordaktionen) - zumeist im Auftrag des nordamerikanischen Geheimdienstes CIA - gehören nun schon seit Jahrzehnten zum blutigen Geschäft des Luis Posada Cariles und begründeten seinen fast schon legendären Ruf unter den harten der exilcubanischen Hardliner in und um Miami (Florida), die von ihren Gönnern und Auftraggeber der CIA bis heute mal an der kurzen, mal an der langen Leine (aber immer an derselben!) gehalten werden. Einer der spektakulärsten, brutalsten und gewissenlosesten organisierte der CIA-Agent Posada am 6. Oktober 1976: bei einem minuziös geplanten Bombenanschlag auf ein Zivilflugzeug der cubanischen Fluggesellschaft »Cubana« kamen alle 73 Insassen ums Leben, als die Bombe kurz nach dem Start vom Flughafen der Barbados explodierte.

Wegen dieses Anschlages saß Posada dann neun Jahre in einem venezuelanischen Gefängnis, ohne Gerichtsverfahren allerdings. Der bisher sichere Hafen Venezuela, in den sich Posada kurz nach dem Bombenattentat zurückgezogen hatte, wurde für einige Jahre zur Gefängniszelle. Aus dieser befreite ihn 1985 ein alter Kumpel und Kampfgefährte: Jorge Mas Canosa, schwerreicher Vorsitzender der »Cuban American National Foundation« (CANF).

Posada ließ sich in El Salvador nieder und wurde im Rahmen von »Irangate« für den inzwischen ebenfalls zur Legende gewordenen Reagan-Vertrauten Oliver North tätig. In seinen »Aufgabenbereich« fielen sowohl die Unterstützung der von der CIA aufgebauten und gehätschelten nicaraguanischen Contra als auch Hilfeleistungen für das faschistische Militär des Regimes in El Salvador bei seiner ebenfalls von der CIA unterstützten Aufstandsbekämpfung gegen die Guerilla.

Dies alles bedeutet jedoch nicht, daß Posada jemals seine anti-cubanischen Aktivitäten unterbrach und aus den Augen verlor. Besonders brisant an Posadas Interview für die »New York Times« ist nun, daß er aussagte, die »Cuban American National Foundation« (CANF) und ihr Vorsitzender Mas Canosa hätten ihn und seine Terroraktionen jahrelang großzügig finanziert: »Jorge (Mas Canosa) kontrollierte alles. Wann immer ich Geld benötigte, sagte er, gebt ihm 5.000 US-Dollar, gebt ihm 10.000 US-Dollar, gebt ihm 15.000 US-Dollar, und die sandten es mir.«

Die CANF war 1981 auf Rat des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan als einigende »Stimme der Exilgemeinde« gegründet worden und ist seither zu einem nicht zu unterschätzenden innenpolitischen Faktor als penetranter Lobbyist für eine harte Politik der USA gegenüber Cuba geworden. Ob Reagan, Bush oder Clinton
- kein nordamerikanischen Präsident schien (und scheint) an dieser Organisation bei der Formulierung und Durchsetzung »seiner« Cuba-Politik vorbeizukommen. Das auch die CANF eng mit der CIA verquickt ist, schadete ihrem Ruf nicht, ebenso, daß es von Beginn an personelle Verflechtungen mit Führern und Aktivisten offen terroristischer exil-cubanischer Organisationen gab. All dies geschah zumeist im Halbdunkel und erregte kaum öffentliches Interesse in den USA.

Nun aber, nach dem Tod des einflußreichen Führers der CANF Mas Canosa und den öffentlichen Bekundungen eines der bekanntesten exil-cubanischen Terroristen, der verstorbene CANF-Vorsitzende und seine Organisation seien direkt in terroristische Anschläge verwickelt und hätten diese gar finanziert, gibt es erstmals wachsenden Druck auf diese fanatisierte Truppe. Natürlich hagelte es Dementis aus den Kreisen der CANF, denn es geht schließlich um das politische Überleben und den für die US-amerikanische Cuba-Politik entscheidenden Einfluß. So ist es logisch, daß für den ältesten Sohn des verstorbenen Canosa die ganze Sache »ein Versuch von gewissen Personen (ist), die das Embargo liften und meine Familie und die CANF angreifen wollen.« An dieser Aussage könnte ein Körnchen Wahrheit sein. Selbst in Kreisen des nordamerikanischen Geheimdienstes CIA werden jene Stimmen lauter, die für eine flexiblere Cuba-Politik die Trommel rühren. Alle bisherigen »harten US-Strategien« von versuchter politischer Isolierung, ständig verschärftem Embargo, Sabotage- und Terroroperationen bis hin zu gezielter Förderung der faschistoiden cubanischen Exil-Gemeinde haben die cubanische Revolution bisher nicht in die Knie zwingen können. Daher denken einige Strategen an eine »weichere Linie«, die es des u.a. der CIA erlauben würde, direkter in Cuba operieren und u.a. eine starke Yankee-treue »fünfte Kolonne« auf der Insel aufbauen zu können. Einer solchen »weicheren Strategie« stehen vor allem das Embargo und politische Beziehungen zwischen den USA und Cuba entgegen, die sich auf der Null-Linie oder kaum darüber bewegen. Um eine solche Linie politisch durchsetzen zu können, muß jedoch der Einfluß der CANF auf die offizielle Cuba-Politik Washingtons gebrochen werden. Das Interview Posadas könnte zum ersten Sargnagel für diesen Einfluß werden. Die enge Anbindung an die CIA ist eine Tatsache. Vielleicht wollten einige Strategen in Langley mit Hilfe ihres eigenen Kronzeugen Posada zum Niedergang der CANF beitragen? Wie dem auch sei, der Krieg de CIA gegen Cuba ist keineswegs zu Ende, welche Entwicklung die offizielle Cuba-Politik des Weißen Hauses auch nehmen wird. Alle bisher sichtbaren Szenarien haben nämlich nur ein Ziel: die Zerschlagung der cubanischen Revolution!

Bermudez, Enrique; Opperskalski, Michael


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