Logo Geheim 2/1998

Die soziologischen Studien des Herrn Engelhardt

Zum zweiten Mal wurde der Verfassungsschutz in Marburg aktiv. Ein gewisser Lothar Engelhardt versuchte es diesmal mit einer neuen Masche. Er stand auf einmal vor der Wohnungstür und stellte sich einer Frau (X) als Politologe des Bundesinnenministeriums vor, dessen Aufgabe es sei, eine Studie über Leute anzufertigen, die von der Polizei ungerecht oder willkürlich behandelt worden seien und wie dies sich auf das weitere Leben dieser Menschen so auswirke. Für die Mitarbeit an dieser »Studie« wurde ein großzügiges Honorar geboten.

Herr Engelhardt wußte, daß die angesprochene Frau während des Widerstandes gegen die Castortransporte mal für längere Zeit in einem Kessel gesessen hatte und das darauf fällige Verfahren wegen Landfriedensbruches eingestellt worden sei. Er wußte auch, in welcher politischen Gruppe X aktiv ist.

Dies ist ein weiterer Beleg dafür, daß Polizei und Justiz und Verfassungsschutz immer enger zusammenarbeiten und damit die vom Grundgesetz geforderte Trennung schon lange nicht mehr das Papier wert ist, auf dem sie verfaßt wurde.

Als er das zweite Mal in Marburg bei X erschien, um ihr Näheres über die Studie mitzuteilen und das Finanzielle zu klären, hatte er sich Verstärkung in Form eines unauffälligen Herrn mitgebracht, der bei Nebel eine Sonnenbrille trug und vor ihrer Haustür mit einem Handy telefonierte. Frau X hatte FreundInnen engagiert, um vielleicht ein Foto von diesem Spitzelwerber schießen zu können. Engelhardt und sein Kumpel hatten das allerdings spitz bekommen und das »Geschäft« telefonisch abgebrochen.

Herr Lothar Engelhardt ist 54 Jahre alt, ca. 1,85 cm groß, hat eine kräftige Statur, etwas gewellte, dunkelbraune Haare, die an den Schläfen schon etwas ergraut sind. Spricht einen rheinischen Akzent, besitzt einen solariumbraunen Teint, trug Jeans mit Sakko und duftete nach Parfüm. Seine Spezialität ist anscheinen die Studienmasche. In Berlin versuchte er einige Tage später erneut, Spitzel anzuwerben, indem er sie für seine soziologischen »Studien« begeistern wollte. Aus: »Rote Hilfe«, Nr. 2/98, a.a.O.


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