Logo Geheim 2/1998

Vorarbeiten zum abweichenden Bericht des Abgeordneten Dr. Gysi und der Gruppe der PDS
1. Untersuchungsausschuß Plutonium im Deutschen Bundestag

Wir haben von Anfang an die parlamentarischen Untersuchungen zu dem, was man den Münchner Plutonium-Skandal nennt, aus nächster Nähe beobachtet und von der Nummer 2/1995 an mit Berichten begleitet. In diesen Tagen hat der Untersuchungsauschuß seinen Bericht dem Parlament und der Öffentlichkeit übergeben. Der Bericht, der demnächst in gedruckter Fassung vorliegen wird, enthält abweichende Minderheitenberichte von SPD, Die Grünen und PDS. Wir drucken im folgenden Vorarbeiten, die zum allergrößten Teil in das Minderheitenvotum der PDS eingegangen sind.

Vorbemerkung

Am 10. August 1994 stellten die bayerischen Sicherheitsbehörden auf dem Münchener Flughafen illegal eingeführtes Plutonium sicher und verhafteten aus der Gruppe der am Schmuggel Beteiligten drei Männer, die im Frühsommer des folgenden Jahres von einem Münchener Gericht wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG) zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Zeitgleich mit dem Prozeß vor dem Münchener Gericht nahm ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß des Bundestages die Arbeit auf. Auslöser für seine Einsetzung war der über den SPIEGEL lancierte Vorwurf, der Plutonium-Schmuggel sei mit Wissen des Kanzleramtes durch den Bundesnachrichtendienst (BND) herbeigeführt worden. Der Untersuchungsauftrag lautete, Art und Umfang der Beteiligung der Behörden an diesem Fall von Plutonium-Schmuggel zu klären und die Konsequenzen daraus für die Aufgaben, Arbeit und Kontrolle der Bundesregierung, der Bundespolizei und der Geheimdienste des Bundes, und darüber hinaus Empfehlungen für die Ausgestaltung deren parlamentarischer Kontrolle zu geben. Der Bericht der Berichterstatter Abg. Andreas Schmidt (CDU/CSU) und Abg. Dr. Max Stadler (F.D.P.) in der Fassung vom 13. Mai 1998 liegt zur Feststellung als Bericht des 1. Untersuchungsausschusses vor. Daneben haben einige Ausschußmitglieder der CDU am 26.5.1998 ein Sondervotum zur »Rolle der SPD - Desinformation statt Aufklärung« vorgelegt. Neben den abweichenden Berichten der Fraktionen SPD und DIE GRÜNEN legt die Gruppe der PDS den folgenden abweichenden Bericht zum Abschlußbericht vor, um den Ereignissen eine eigene Beleuchtung und Akzentuierung zu geben, auch auf das Risiko der obligatorischen Rüge für unbequeme Wahrheiten hin, wie sie sich seinerzeit DIE GRÜNEN im Vorwort zum Bericht des Untersuchungsausschusses zur Kießlingaffäre haben erteilen lassen müssen, »daß das Minderheitenvotum in weiten Passagen einen konkreten Zusammenhang mit dem eigentlichen Untersuchungsauftrag nicht erkennen lasse«, um so mehr, als die Debatte um die Parteienwahrheiten im Ausschuß mit der Vorlage des Berichts und der abweichenden Minderheitenberichte keineswegs beendet ist, sondern auf der Ebene der Voten weitergeführt wird, was auch das Sondervotum der CDU zeigt, dessen Autoren schon mit dem Bericht der SPD polemisieren.

Motti

»Meine Herren, Sie wissen, warum wir hier sind - es geht um das Plutonium.« Eröffnungsworte des Vorsitzenden zur 1. Tagung der Deutschen Atomkommission im Januar 1956, nach: Mez/Osnowski, RWE ., KiWi Köln 1996, S. 49

»Die Anatomie des politischen Skandals - als Fokus, in dem sich langfristige soziale Prozesse verdichten - ist die Anatomie der Gesellschaft selbst.« Rolf Ebbighausen/Sighard Neckel, in: dies. (Hg.), Anatomie des politischen Skandals, Frankfurt am Main 1989, Einleitung, S. 9, 13/14

»Nahezu alle Untersuchungsausschüsse werden mit dem kommunikativen Ziel politisch-propagandistischer Konfrontation von Regierungs- und Oppositionslager eingesetzt . Inhaltlich konzentrieren sich die Verfahren der Absicht nach auf Mißstands- und Skandaluntersuchungen im Bereich von Regierung und Verwaltung . Sie dienen weniger »justizförmiger Tatsachenermittlung« mit anschließendem »gerichtsähnlichem Urteil«, als der politischen Auseinandersetzung zwischen Regierungs- und Oppositionslager . Entsprechend werden Untersuchungsausschüsse zutreffend als »Kampfesforen« der politischen Parteien beschrieben. Deshalb auch werden dort »Proporz-Wahrheiten« gefördert - was nicht heißen muß, daß diese nicht der Wahrheit insoweit näher kommen, als in ihnen unterschiedliche Urteilsmaßstäbe offener zum Ausdruck gelangen, als in gerichtsähnlichen Urteilen über den einen zur Untersuchung anstehenden Fall . Denn: nicht nachdrücklich genug kann gesagt werden, daß die »Wahrheiten der Parteien« für sie in aller Regel objektiv bedeutsamer sind als gegebenenfalls ermittelte Tatsachen. Die Personen und Urteilsmaßstäbe der Parteien, deren ideologischer Überbau, sind die Ausgangsbasis vieler noch bevorstehender, den Bürger betreffender politischer Entscheidungen der Parteien. Die ermittelten Tatsachen sind dagegen eher singulär.« Uwe Thaysen, Die Wahrheiten der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse, in: ders.,/Suzanne S. Schüttemeyer (Hg.), Bedarf das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse einer Reform? Beiträge und Materialien zur Seminartagung der DEUTSCHEN VEREINIGUNG FÜR PARLAMENTSFRAGEN e.V. und des Niedersächsischen Landtags, Hannover, 20. und 21. November 1987, NOMOS Baden-Baden 1988, S. 11-30, hier: S. 22, 23, 27

»Ein deutliches Beispiel dafür ist die Tatsache, daß in den Geschichtsbüchern (der hebräischen Bibel, d. Red.) die Zeit der Könige oft gegensätzlich geschildert und bewertet wird, je nachdem, ob die Überlieferung aus Kreisen des Hofbeamtentums stammt oder aus Kreisen der prophetischen Opposition, die die Sache der unterprivilegierten Bevölkerung vertrat.« Renate Wind, Befreiung buchstabieren. Basislektüre Bibel, Chr. Kaiser Gütersloh 1995, S. 14

»Alle lügen ein bißchen.« Dr. Friedrichs (MdB), Vorsitzender des 1. Untersuchungsausschusses, Presseerklärung vom 18.12.1995

»Wir Menschen tragen einen Abgrund in uns.« Bundeskanzler Helmut Kohl in seiner Rede vor dem 35. Bundesparteitag der CDU in Bonn am 9. November 1987

»Die Welt ist voller Klischees, Baby Jane.« Replik des »Rechtsanwalts Abel« in der gleichnamigen Münchener TV-Spielfilm-Serie auf die Vorhaltungen seiner Sekretärin, er denke nur in Klischees
1. Zusammenfassende Bewertung Die im Verlaufe der Beschäftigung mit den Vorgängen um den sog. Münchner Plutonium-Deal bekanntgewordenen Fakten und Zusammenhänge lassen sich sine ira et studio vergleichsweise widerspruchsfrei zu folgendem Gesamtbild zusammenfügen: Mehrere Sicherheitsbehörden aus dem immer weniger kontrollierbaren System des kooperativen deutschen Föderalismus, vom Arkanum Kanzleramt bis zum Verdeckten Ermittler, haben im Rahmen geltenden Rechts und üblichen Verwaltungshandelns, mit ministerieller Unterstützung und Duldung durch Strafverfolgungsbehörden und deren ministerielle Aufsicht, teilweise begleitet von außenpolitischen Initiativen der Bundesregierung, im Verein mit Personen aus internationalem kriminogenem Milieu, die illegale Beschaffung von Plutonium und seinen illegalen Transport, nachweisbar von Moskau nach München, in die Wege geleitet und herbeigeführt, und damit entsprechend dem Auftragsprofil aus dem Krisenszenario des einschlägigen Kabinettsberichts von 1992 und des öffentlichen Diskurses einen Sachverhalt geschaffen, der als Beweis für die Mängel der Sicherheit im russischen Nuklearbereich gewertet und als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche außenpolitische Offensive der deutschen Nuklearpolitik genutzt werden konnte. Ein einzelner Aspekt dieser zweifellos erfolgreichen und auch als Erfolg gefeierten Skandalierung der russischen Atomwirtschaft diente zur Forcierung eines zweiten, diesmal aber innenpolitischen Handlungsablaufes: der Skandalierung des Bundesnachrichtendienstes (BND). Diesen Zweck - sei er demokratisch motiviert, sei er strukturreformerisch - erfüllte die partielle Offenlegung der Zusammenhänge, die zur Sicherstellung des Plutoniums auf dem Münchner Flughafen geführt hatten, verkürzt, vereinseitigt, verschwörungstheoretisch zugespitzt auf den Anteil des BND an dem Sachverhalt, in der Osterausgabe der deutschen Skandaldrehscheibe DER SPIEGEL, der sich im Herbst des Vorjahres deutschloyal in vorderster Front an der Skandalierung der »Neuen Gefahr« aus dem Osten beteiligt hatte. Die SPD und DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag zielten darüber hinaus auf die Verantwortlichen für diesen Dienst: den StMin im Kanzleramt, den Kanzleramtsminister und den Bundeskanzler. Als Forum für einen solchen Parteienkampf dient in der parlamentarischen Demokratie der parlamentarische Untersuchungsausschuß. Das Ergebnis: Die Regierungsparteien halten unbeirrbar an der Rechtfertigung ihrer Erfolgsgeschichte fest. Die SPD hat zwar nicht Helmut Kohl aus dem Kanzleramt, dafür aber ihren eigenen Parteifreund vom Sessel des BND-Präsidenten gekippt, und DIE GRÜNEN haben mit der Verniedlichung der Rolle des Polizei- und Sicherheitsapparates den unvermeidlichen Preis für die gezielte Überzeichnung des BND bezahlt. Die PDS - als »Mitwirkende« eher zur Zuschauerin des Spektakels verurteilt - bekräftigt vor dem Hintergrund dieser Erfahrung der zunehmenden Unkontrollierbarkeit der Exekutive ihre Forderungen

- nach Auflösung der Geheimdienste,

- nach Demokratisierung der Polizei,

- nach Demokratisierung der Verwaltung,

- nach Beendigung der Arkanpolitik im Kanzleramt zur Wiederherstellung der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Regierung und

- nach einem Untersuchungsrecht, das dem kooperativen Föderalismus angemessen ist, von der prinzipiellen Unterordnung des Minderheitenrechts unter das Mehrheitsrecht befreit ist und die Staatsräson übersteigt.

2. Vorgeschichte

Heinrich Heine gab den spöttischen Rat, einfach beim Anfang anzufangen. Am Anfang vieler parlamentarischer Untersuchungen in der Bundesrepublik Deutschland war - der SPIEGEL-Bericht. Mit der Erwähnung des SPIEGELs als Vater der Untersuchung beginnen in der Tat auch Text- und Dokumentenbände des Berichts zum »Pluto«-Untersuchungsausschuß. Zwar wird DER SPIEGEL weiterhin als Drehscheibe oder als Auslage für Skandale dienen, aber als seriöse Quelle kann er künftig nicht mehr gelten: Spätestens mit dem Nachweis der braunen Kontinuität des Magazins in Lutz Hachmeisters Habilitationsschrift über den »Gegnerforscher« der SS Franz Six, erschienen 1998 bei Beck in München (vgl. die Rezension von Ernst Piper in SZ, 18.5.98), dürfen beispielsweise die unterschwellig antisemitischen Geschichten (vgl. Otto Köhler, konkret 5/92, S. 32) oder die pogromistischen Titelphotos vom September 1991: »Flüchtlinge - Aussiedler - Asylanten« über der Bild-Metapher vom vollen Boot und vom 5. April 1992: »Asyl. Die Politiker versagen« über der Bild-Metapher von der Flutwelle, die durch den brechenden Deich hereinströmt, zu dem alarmistischen Mediendiskurs von Asyl und Asylantenflut (vgl. Margret Jäger, D.I.S.S., Rassismus im Mediendiskurs, in: S. Jäger/J. Link (Hg.), Die Vierte Gewalt. Rassismus und Medien. D.I.S.S.-Studien, Duisburg 1993, s. auch: GEHEIM, 4/1995, S. 9-11), nicht mehr unbesehen als Einzelfälle gelten. Im übrigen hatte »SPIEGEL-TV« schon im Oktober 1992 den »größten illegalen« Atom-Handel enthüllt, der - so der Vorsitzende Richter der
13. Strafkammer des Bochumer Landgerichts, »von vornherein als Fernseh-Ente geplant war«, weshalb er die Täter nicht verurteilen mochte. (vgl. Walter Jakobs, »Die haben uns als Schauspieler benutzt.« Wie »SPIEGEL-TV«-Chefredakteur Stefan Aust einmal den »größten illegalen« Atomhandel enthüllte, in: Medien, 4/98, S.21) Am Anfang war denn auch nicht DER SPIEGEL. Am Anfang steht vielmehr die alltägliche Erfahrung, daß der Skandal ganz offenkundig zur Hauptform des Politikvollzugs geworden ist. In den Gazetten herrscht Fülle bis zum Überfluß. Skandale lassen sich alphabetisch rubrizieren, von Abs bis Zangen, von Andreotti, Barschel, Blaul und Claes bis Zwick. Der Rest ist Sammelfleiß. Das Paradoxe des Skandals als Alltäglichkeit findet seine Entsprechung in der Skandalierbarkeit des Alltäglichen - un-übertreffbar zum Ausdruck gebracht in der Oppositionsbilanz des hessischen Blaul-Skandals: Die Grünen seien »jetzt eine stinknormale Partei«. Das »Stinknormale« des Skandalösen wie die Skandalwürdigkeit des »Stinknormalen« erweisen den Skandal als eine Kunst, die mit dem Sachverhalt nur noch wenig zu tun hat, als Stellhölzchen der Macht: Was einen Lothar Späth stolpern läßt, die Nähe zu Mächtigen der Wirtschaft, macht einen Gerhard Schröder stärker. Das Ereignis denaturiert zum Anlaß, wird zum Plot, der Rest ist Dramaturgie und Inszenierung auf der Bühne der vermeintlichen Macht. Was unter dem Titel »Plutonium«-Skandal aufgeführt wurde, war komplexer als manches andere Stück. Mit seinem supranationalen Flair war es auf der Höhe der Zeit, die Skandalierten agierten auf Regierungsebene, im In- und Ausland, in Bund und Ländern; Polizei- und Geheimdienstapparate standen international neben- und gegeneinander, große Presseorgane waren Partei und kämpften im publizistischen Bereich um Marktanteile, und es ging um Plutonium, um »Teufelszeug« (Struck, SPD), um »Neue Gefahren« (Schmidbauer/CDU), Hiroshima, Kuba-Krise, Tschernobyl, Terroristen, Aum-Sekte - die Akteure jedenfalls spekulierten auf diesen Gefühlshintergrund beim Adressaten des Spektakels, der Öffentlichkeit. Die Rolle des Watschenmanns im ersten Aufzug des Stücks war der zivilitärischen Atom-Industrie der ehemaligen Sowjetunion zugedacht. Die Sicherstellung illegalen strahlenden Materials aus der Lufthansa-Maschine Moskau-München galt als letzter Beweis für die lange behauptete neue atomare Gefahr aus dem Osten, für die Sicherheitsmängel der Anlagen und Depots, der Umstand, daß Minister Sidorenko im Flugzeug saß, sogar für kurze Zeit als Beweis für die Involvierung höchster russischer Kreise in den illegalen Handel. DER SPIEGEL machte vorbildlich in Panik und plakatierte »Schock am Flughafen. Die Bundesrepublik ist zur Drehscheibe für den Handel mit todbringenden Stoffen aus dem auseinandergebrochenen Sowjetimperium geworden. Gangsterbande. Einst atomare Erpressermaschine .« usw. (SPIEGEL Nr. 33/94) Eine Woche später legte die Augstein-Mannschaft nach und reizte das Thema aus: Carlos und Nordkorea, atomare, biologische und chemische Kampfstoffe, noch wirkungsvoller und noch leichter zu haben, beklagte die völlig schutzlose bundesrepublikanische Gesellschaft, die nur noch was - ein Polizeistaat vielleicht - retten könnte, was schon Robert Jungk vorausgesagt habe, was Konservative prognostizierten - und reklamierte die deutsche Kontrolle der in grauenvollem Zustand befindlich beschriebenen russischen Atomindustrie gleich mit. (SPIEGEL Nr. 34/94) Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten den Beweis für die beschworene Gefahr herbeigeführt und damit den Makel der deutschen Atom-Gemeinde aus der Korruptions-, Müll- und um ein Haar Proliferations-Affäre namens »Transnuklear« der 80er Jahre scheinbar ausgeglichen. Gehalten hat's bis zum Piffl-Prozeß und zur »Castor«-Affäre dieser Tage, bis zu den Nukleartests in Indien und Pakistan. Ostern 1995 begann der zweite Aufzug des Stücks, gleichzeitig Fortsetzung eines Schauspiels, das seinen ersten Akt wiederum in Hamburg hatte. Zwei Mitarbeiter der BND-Unterabteilung 35 standen dort vor dem Landgericht, angeklagt des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Sie waren verantwortlich für den Transport von Kriegswaffen unter falscher Deklarierung als landwirtschaftliche Maschinen in den Hamburger Hafen zur Verschiffung nach Israel. Als die Richterin Frau Göring die beiden BND-Beamten am 11. Juli 1995 freisprach, gab es Empörung in den Medien, bezeichnenderweise umgekehrt proportional zur Sachkenntnis. Die Urteilsbegründung (LG Hamburg, 632 Kls 7/94, 141 Js 630/91) belehrt jeden Leser, daß die Richterin sich weigerte, zum Teil einer Skandalierung unter der Überschrift »Verselbständigung eines Geheimdienstes« zu werden. (Vgl. z.B. den Antrag des Abg. Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, BT-Drs. 12/1397 vom 30.10.1991) Denn der BND fungiert(e) als Beschaffungsstelle der Bundeswehr im Bereich Auswertung fremden Wehrmaterials. (Vgl. z.B. den Antrag der Abg. Ulla Jelpke, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS/Linke Liste auf »Sofortige Auflösung des Koordinierungsausschusses Wehrmaterial fremder Staaten des Bundesnachrichtendienstes und der Bundeswehr« vom 7.11.1991, BT-Drs. 12/1505) Der Weitertransport operativ beschafften militärischen Materials aus dem Ausland im Innern Deutschlands war lange juristisches Problem und fand im Laufe der Jahre zwischen den Beteiligten in Bundeskanzleramt mit BND und dem Bundesministerium der Verteidigung mit Bundeswehr die verschiedensten Lösungen, immer unbefriedigende, nichtsdestoweniger praktizierte. In diesem Fall hatte der BND im Einvernehmen mit der Bundeswehrführung die Bescherung Israels mit Material aus den Beständen der NVA übernommen. Die Bundeswehr leitete in großer Selbstverständlichkeit die israelischen Anfragen an den BND weiter. Die Bedarfsliste ging von dort mit der Bitte um Bereitstellung zurück zum Bundesministerium für Verteidigung. Jeder wußte, wer was bestellt hatte, jeder wußte, wer die Lieferung besorgte, 15 Mal wurde geliefert, mal durch Bundeswehrpiloten direkt durch Übergabe von Flugzeugen auf fremden Flughäfen, mal von Bundeswehr und BND im Verein. Die inkriminierte Lieferung war die 15. und letzte - Skandal. Der BND stand plötzlich allein im Regen. Die Richterin sprach frei. Das war am 11. Juli 1995 und löste Empörung aus. Denn zu dem Zeitpunkt tagte in Bonn schon zwei Monate lang der 1. Untersuchungsausschuß »Plutonium«. Die Sicherstellung des Plutoniums auf dem Münchener Flughafen im August des Vorjahres war zum »BND-Skandal« mutiert. DER SPIEGEL hatte in seiner Osterausgabe (Nr. 15/95) der Opposition im Bundestag ein Ei ins Nest gelegt und die Vorgeschichte der Münchener Vorgänge als eine Inszenierung des BND beschrieben. Die Opposition hatte einen Untersuchungsausschuß verlangt und ihn am 11. Mai bekommen. Wieder ging es um den Vorwurf der »Verselbständigung« des BND.

3. Das Elend der parlamentarischen Untersuchung unter dem Regime der Staatsräson

Vorab: Das Institut parlamentarischer Untersuchungsausschuß ist Ausdruck des Verhältnisses zwischen Parlament und Regierung, zwischen der gewählten Volksvertretung als einer Art Ausschuß des nationalen Souveräns einerseits und seines Regierungsapparates oder Staates vom Bundeskanzler bis zum nicht-offen-ermittelnden-Polizeibeamten (noeP) oder Verdeckten Ermittler (VE) andererseits als gleichsam Angestellten der Nation.

Dieses Verhältnis unterliegt der konfliktreichen Gesellschaftsgeschichte und hat seit beispielsweise 1649 die mannigfaltigsten Schicksale erlitten. Sein Zustand bewegt sich zwischen den Extremen kopfloser Könige (z.B. Charles I. und Louis XVI.) einerseits und entrechteter Völker in Krieg und Faschismus andererseits.

Das ist Grund genug, seinem jeweiligen Zustand und seiner Ausgestaltung ständige Aufmerksamkeit zu widmen.

Die Exekutive der Bundesrepublik Deutschland wird idealiter auf vielfache Weise und in vielfältigen Formen kontrolliert, über verwaltungsinterne Regelungen, über die Gerichtsbarkeit, auf dem Wege der Öffentlichkeit durch die Medien und - durch das Parlament. Hier wiederum ist zu unterscheiden zwischen ständigen und besonderen parlamentarischen Einrichtungen. Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) zur Beaufsichtigung der Geheimdienste beispielsweise ist eine Einrichtung der ständigen Kontrolle, ein Beispiel für die außerordentliche Kontrolle ist der parlamentarische Untersuchungsausschuß, »das schärfste Schwert der Demokratie«.

Gleich zu Beginn eines Praktikums wird jeder Praktikant von seinem Praktikumsleiter darauf hingewiesen, daß es Betriebsgeheimnisse gebe, die zu wahren seien. Das schreibt der aufmerksame Praktikant auch ganz vorn in seinem Praktikumsbericht auf.

Gleich zu Beginn der Konstituierung des 1. Untersuchungsausschusses hat die Bundestagspräsidentin die Abgeordneten »darauf hingewiesen, daß der Untersuchungsausschuß sich auch mit Dingen befassen werde, die der Natur der Sache nach nicht für eine Erörterung in der Öffentlichkeit geeignet seien und einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterlägen.

Die Parlamentarische Kontrolle müsse in solchen Angelegenheiten unter Beachtung der notwendigen Vertraulichkeit und Geheimhaltung sichergestellt werden. Andernfalls werde die Arbeit der Untersuchungsausschüsse des deutschen Bundestages erschwert oder unmöglich gemacht.« Es dürfe »der Exekutive kein Anlaß gegeben werden, den Deutschen Bundestag nur zurückhaltend zu informieren.« Das haben die Berichterstatter gleich ganz vorn im Ausschußbericht aufgeschrieben. (7)

Zur Sicherheit stellten die Koalitionsfraktionen mit einem Mehrheitsbeschluß die Abgeordneten der Opposition zusätzlich unter die Strafandrohung des õ 353 b Abs.2 Ziffer 1 StGB: Für Verletzung des Dienstgeheimnisses oder einer besonderen Geheimhaltungspflicht bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe.

Angesichts so deutlicher Worte und schwerer Geschütze konnte niemand mit Offenheit rechnen.

Was für die Kasematten des Staates gilt, gilt ebenso für seine vorgeschobenen Posten: Trotz alledem verweigerte die PKK, die Parlamentarische Kontrollkommission der Geheimdienste im Bundestag, die Herausgabe ihrer Akten zu dem Untersuchungsgegenstand an den 1. Untersuchungsausschuß, andernfalls die Geheimdienstler befürchten müßten, beliebig durch Stellen und Gremien außerhalb der PKK mit ihren Aussagen konfrontiert zu werden.

»Beliebig« - da steht wahrhaftig im Zusammenhang mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß das Wort »beliebig«. (36)

Grotesk wird es endlich dann, wenn Abgeordneten, die gleichzeitig Mitglied beider Gremien sind, allen Ernstes zugemutet werden soll, »ein bestimmtes Wissen nicht zu verwenden«.

Spätestens hier wird die Forderung deutlich, daß der Abgeordnete nicht die Verwaltung zu kontrollieren habe, sondern zuerst sich selbst - eingesperrt im Geheimschutzraum samt seinem Minderheitenvotum als Ergebnis seiner Kontrolltätigkeit - wie z.B. geschehen mit der ehemaligen Abgeordneten des Bündnis ï90, Ingrid Köppe, und ihrem Sondervotum zum KoKo-Ausschuß, das im übrigen belegt, »daß die Bundesregierung seit dem Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mit hochrangigen Agenten des Bundesnachrichtendienstes in der unmittelbaren Umgebung von Schalck-Golodkowski vertreten war .« (Reinhard Krämer, MdB, gegenüber Kennzeichen D/ZDF am 9.4.1997), wie es sich zwischenzeitlich angedeutet hat für den SPD-Berichterstatter Hans-Peter Kemper, MdB, und seinen abweichenden Bericht im 1. Untersuchungsausschuß: Was belegt denn der Kemper-Bericht?

Summa: Der Abgeordnete kontrolliert innerhalb der Geheimschutzordnung unter Strafandrohung. Was geheim ist, bestimmt die ausgebende Stelle, die nach Anlaß entscheidet, ob sie die Abgeordneten zurückhaltend oder rückhaltlos informiert. Die Vorenthaltung von Akten ist unüberprüfbar, und Vorgänge ohne Akten wie z.B. an der Spitze der Geheimdienste im Bundeskanzleramt sind es allemal. Der Geheimdienst ist allerdings auch bei geheimen Sitzungen des Untersuchungsausschusses präsent, seine Agenten sitzen auf der Regierungsbank: Sie sind Beamte und haben die Verschlußsachen-Ermächtigung.

Die schiefe Ebene dieser Herrschaft der Staatsräson beginnt damit, daß nach Grundgesetz der Ausschluß der Öffentlichkeit von den Ausschußsitzungen zulässig ist und ausdrücklich keiner Begründung bedarf. Die schiefe Ebene dieser Herrschaft der Staatsräson endet mit der Verweigerung der Verschlußsachen-Ermächtigung für Berater und Mitarbeiter der Abgeordneten und ihrem Ausschluß aus dem Kreis der Eingeweihten (wie einem Berater und Mitarbeiter der Gruppe der PDS im 1. Untersuchungsausschuß widerfahren) durch den Geheimschutzbeauftragten des Bundestages im Verein mit den mitwirkenden Geheimdiensten und den einschlägigen Stellen des Bundesministerium des Inneren nach den Bestimmungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SüG), das als Ganzes seiner Überprüfung auf Verfassungsmäßigkeit harrt. Hier könnte sich Rechtspolitik am demokratischen »Prinzip Öffentlichkeit« verdient machen.

Die anderen Gitter an diesem Laufställchen für den untersuchungswilligen Oppositionsabgeordneten sind:

- die prinzipielle Unterstellung des Minderheitenrechts unter das Mehrheitsprinzip, was der Regierungsmehrheit zwar nicht die Entscheidung über die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses überläßt, aber die Möglichkeit seiner entscheidenden Steuerung gibt durch Entscheidung über Zeitplan und Reihenfolge der Zeugenvernehmungen, über die Unterbrechung für einen Zwischenbericht etwa, was im 1. Untersuchungsausschuß zur Organklage der SPD führte,

- die föderalistisch begründete Beschränkung der Untersuchungskompetenz auf den Bereich der Bundeszuständigkeit gegenüber einer Verwaltungspraxis des kooperativen Föderalismus,

- zuletzt das Recht der Behörden, die Aussagegenehmigung ihrer Beamtinnen und Beamten zu verweigern oder einzuschränken, ein weiterer Schutzwall der Verwaltung gegen demokratische Kontrolle, zusätzlich verstärkt durch die Tendenz, die Anwendung der Strafprozeßordnung in der Untersuchung immer mehr als Instrument des Zeugenschutzes zu begreifen (Deutschland habe keine Verteidiger mehr? Es gab fast nur Verteidiger im Untersuchungsausschuß!), immer weniger aber als von den Vätern des Grundgesetzes - in Anlehnung an die Weimarer Reichsverfassung - bewußt bereitgestelltes Arsenal von Zwangsmitteln und hoheitlichen Befugnissen, womit sich das Parlament selbst tendenziell wieder, in den Worten Max Webers, »außer zum Dilettantismus auch zur Unkenntnis verurteilt.« (zit. nach: Dieter Engels, Parlamentarische Untersuchungsausschüsse, 2. Auflage, Heidelberg 1991, S. 24ff, hier: S. 26)

Solche Schwierigkeiten der demokratischen Kontrolle der Regierung bringen den Funktionswandel des Parlaments von einem Organ der Machtkontrolle zu einer Einrichtung der Legitimationsbeschaffung für Regierungshandeln zum Ausdruck. Daß angesichts dieser Funktion und Vermachtung des Parlaments der Antrag der PDS keine Mehrheit fand, ihr auf dem Weg der Erhöhung der Anzahl der Ausschußmitglieder die Teilnahme eines ordentlichen Mitgliedes zu ermöglichen, liegt auf der Hand, ebenso, daß die von der PDS beantragten Zeugen und Sachverständigen ausnahmslos nicht gehört wurden, was im Einzelnen die Beleuchtung der internationalen, besonders deutsch-spanischen Polizei- und Geheimdienstkooperation durch einen Vertreter der wahrlich dünn gesäten unabhängigen Polizeiwissenschaftler (Dr. Heiner Busch/cilip) betraf, was des weiteren die nähere Beschreibung der Rolle der Banken im materiellen (über den institutionellen hinaus) Polizei- und Geheimdienstkomplex betraf, z.B. als Dokumentenlieferanten zur Absicherung von Lockangeboten, durch einen Sprecher der Münchener Hypobank, was zuletzt die russische Sicht des Umstands betraf, daß der russische Atom-Minister Sidorenko am Ende vieler Terminverschiebungen, an denen immer und auf beiden Seiten, bei Sidorenko (Umweltministerium) wie bei den Schmugglern (Staatsanwaltschaft, BayLKA und die zugehörigen Ministerien), bayerische Behörden beteiligt waren, mit den Plutionum-Transporteuren im selben Flugzeug saß.

4. Feststellungen und Bewertungen

4.1. Von der Kabinettsvorlage 1992 zum Leitungsvorbehalt 1994

Spätestens seit Ende der 80er Jahre existiert ein Arbeitszusammenhang aus politischen Gremien und Behörden des Bundes und der Länder unter der Führung eines BMU/BMI-Führungsstabes zur nuklearspezifischen Gefahrenabwehr, die »Nukleare Nachsorge«, aufbauend auf grundlegenden Konzepten, die 1989 und 1990 vom Länderausschuß für Atomkernenergie - Hauptausschuß - , der AG der Innenminister der Länder - AK II »Öffentliche Sicherheit und Ordnung« - und der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) beraten wurden. Der Grundgedanke war dabei, bestehende Strukturen und Einrichtungen aufgabenbezogen anzupassen.

Die polizeilich-geheimdienstliche Führungsarbeit, wofür z.B. die auf Ausschüsse versessenen US-Amerikaner ein National Security Council, ein Policy Review Committee und ein National Intelligence Talking Center haben, darüber hinaus einen eigenen Geheimdienst beim Energieministerium, all das regelt man in Deutschland informell und kooperativ. (vgl. hier und für das Folgende: Bericht der Bundesregierung (BerBR) zum Untersuchungsauftrag des 1. Bundestagsuntersuchungsausschusses der 13. Wahlperiode, MAT A 1, S. 2; Kabinettsbericht (BerKab) vom 29.4.1992, Anlage 2.1. zum Bericht der Bundesregierung zum Untersuchungsauftrag des 1. Bundestagsuntersuchungsausschusses der 13. Wahlperiode, MAT A 1, S. 31f; vgl. dagegen den Ausschuß-Bericht, S. 136ff, 273ff und 464ff und 521ff)

Im April 1992 befaßte sich das Bundeskabinett mit einem im Auswärtigen Amt (Dr. Auer) erstellten ausführlichen Bericht über »Maßnahmen gegen den unerlaubten Umgang mit Kernbrennstoffen aus GUS-Staaten« (BerBR, S.2), womit der Öffentlichkeit und den Sicherheitsbehörden die Richtung, aus der die Neue Gefahr drohte, in die Aufklärungsbedürfnis bestand und in die Maßnahmen unternommen werden mußten, mit der Nennung der »GUS-Staaten« unzweideutig gezeigt war, eine Politik, die auf russischer Seite als Versuch der weltweiten Diskreditierung ihrer Atom-Industrie aufgefaßt wurde, was einem intimen Kenner der Verhältnisse wie dem Abgeordneten der SPD, Gernot Erler, nicht aus der Luft gegriffen scheint (vgl. Protokoll 75. Sitzung, S. 1-16)

Von Oktober 1992 bis Juni 1993 überprüften zwei breit besetzte Arbeitsgruppen (AG), die AG »Nachsorge« unter der Leitung des BMU (mit dabei das BMI, atomrechtliche und Innenbehörden der Länder) und die AG »Nuklearkriminalität« unter Leitung des BMI (mit dabei BMU et alii) die bestehenden Regelungen zur nuklearen Nachsorge.

Ihre Berichte wurden vom Länderausschuß für Atomkernenergie - Hauptausschuß - am 13./14. Mai 1993, und von der AG der Innenminister der Länder - AK II »Öffentliche Sicherheit und Ordnung« - am 13./14. September 1993 gebilligt und am 26. November 1993 von der IMK zustimmend zur Kenntnis genommen. (vgl. MAT A 1, Bericht der Bundesregierung (BerBR) zum Untersuchungsauftrag des 1. Bundestagsuntersuchungsausschusses der 13. Wahlperiode, Anlage 2.3: Nukleare Nachsorge . (Bericht der BMU-Arbeitsgruppe), S. 1) Die vereinbarten Grundsätze für polizeiliche Ermittlungsverfahren im Bereich der Nuklearkriminalität scheinen bedenkentragend, eher restriktiv, erweisen sich beim näheren Hinsehen aber voller Konjunkt- und Optative, mithin voller Ermessensspielräume:

- »Probenscheinkäufe werden durchgeführt, wenn sie kriminaltaktisch oder zur Gefahrenabwehr notwendig werden. Dabei ist zu bedenken, daß ein Markt vorgetäuscht werden könnte.«

- »Käufe, die darauf abzielen, zu einschlägigen Täterkreisen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, sollten unterbleiben.«

- »Probenkäufe dürfen nicht dazu führen, daß im Ausland befindliches Material nach Deutschland gebracht wird. Bereits in Deutschland befindliche radioaktive Stoffe/Proben sollten am jeweiligen Ort verbleiben.«

- »Der Einsatz von Verdeckten Ermittlern als ultima ratio ist unter dem Aspekt der künstlichen Marktschaffung zu beurteilen und abzuwägen.«

Am harten Kern der Kriminaltaktik wird nicht gedeutelt, ihre problematischen Aspekte aber sind durch »dürfen nicht«, »sollten«, »könnten«, »bedenken«, »abwägen«, »beurteilen« für Auslegung weit offen, wie später auch zu zeigen, - aber noch nicht weit genug für einen Teil des Systems der nuklearen Fürsorger.

Im selben Zeitraum, am 5. November 1993, legte eine BMU-Arbeitsgruppe das Ergebnis einer »erneuten« Überprüfung des Systems der nuklearen Nachsorge vor, in dem unter »Vorrangigem Regelungsbedarf« ausdrücklich die »Befreiung der nachrichtendienstlich tätigen Behörden vom Erfordernis atomrechtlicher Genehmigungen«, namentlich für den BND im Ausland und die Landesämter für Verfassungsschutz im Inland, aber auch für die Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden, ausführlich erörtert und vorgeschlagen wurde: »Der õ 10 AtG »Ausnahmen« wird um eine Regelung . ergänzt, in der die für die Öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Strafverfolgung sowie die nachrichtendienstliche Aufknachrichtendienstliche Aufklärung (Unterstreichung im Original, d. Aut.) zuständigen Behörden des Bundes und der Länder bei der Ausübung ihrer dienstlichen Aufgaben von diesen Genehmigungs- oder Anzeigepflichten freigestellt werden.« (vgl. MAT A 1, Bericht der Bundesregierung (BerBR) zum Untersuchungsauftrag des 1. Bundestagsuntersuchungsausschusses der 13. Wahlperiode, Anlage 2.3: Nukleare Nachsorge . (Bericht der BMU-Arbeitsgruppe), 2. E), S. 10ff)

Im selben Papier wird auf eine dritte Runde verwiesen, die sich mit dieser Problematik und ihren speziellen Seiten befasse: »Ob es dem BND ermöglicht werden soll, Proben radioaktiver Stoffe nach Deutschland zur Analyse zu bringen, wird im Arbeitskreis des Bundeskanzleramtes geprüft«.

Im Sommer 1993 hatte der Bundeskanzler, der zuständige »Ressortminister« für den BND also (vgl. Christoph Gröpl, Die Nachrichtendienste im Regelwerk der deutschen Sicherheitsverwaltung ., Duncker & Humblot, Berlin 1993, S. 216ff, hier S. 219, eine vom BMI geförderte Arbeit) seinen Staatsminister für die Koordinierung der Geheimdienste mit der nochmaligen umfassenden Überprüfung des Systems der nuklearen Nachsorge beauftragt, mit dem Ziel, in Abstimmung mit allen beteiligten Bundesressorts Vorschläge für eventuelle notwendige Maßnahmen einschließlich notwendiger Gesetzesänderungen vorzulegen (BerBR, S. 3).

Ganz ohne Zweifel hatte der Bundeskanzler einen ausgewiesenen Fachmann seiner Fraktion mit dieser heiklen Aufgabe betraut: Bernd Schmidbauer, geb. 1939, Mitglied der CDU, Studium der Physik, Chemie und Biologie; Lehramt, Gymnasialdirektor; Kommunalpolitiker der CDU (Gemeinderat, Kreistag); Grundsatzreferent im Ministerbüro; MdB seit 1983; Avst der Enquetekommission »Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre« vom 3.12.1987 bis 1991, FVst ab Juni 1988, vom 15. Juni 1988 an als Vst der AG »Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit« Fraktionssprecher für dieses Fachgebiet, vom 18.1.1991 bis 18.12.1991 PStS im BMU unter Minister Töpfer und nach Lutz Stavenhagens Tod dessen Nachfolger als StMin im Bundeskanzleramt und Geheimdienstkoordinator seit dem 18.12.1991. (vgl. Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestags 1983-1991, passim)

Unter Federführung des Bundeskanzleramtes und unter dem Vorsitz des in Fragen der Atom-Gemeinde also vielerfahrenen StMin Schmidbauer bzw. des Leiters der BND-Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes, Prof. Dr.Dr. Dolzer, befaßte sich von Herbst '93 an eine Arbeitsgruppe auf Abteilungsleiterebene, unter hervorgehobener Beteiligung des Auswärtigen Amtes (Das AA hatte mit dem Kabinettsbericht eben die ursprüngliche Vorlage geliefert, und es ging schließlich vorrangig um auswärtige Belange.) und unter Beteiligung des BMI und seiner Einrichtungen BKA und BfV, des BMJ mit dem ZKA, des BMVg und des BMF, des BMWi und des BMU mit der nochmaligen umfassenden Überprüfung des Systems, auch mit der Frage der Sondervollmachten für den BND (27. Sitzung, Protokoll Schmidbauer S. 33).

Am Ende der Beratungen, im Frühsommer `94, gab es große Übereinstimmung in der Frage der Notwendigkeit, den BND vom Erfordernis atomrechtlicher Genehmigungen beim Import von illegalem Nuklearmaterial zu befreien. Das Vorhaben scheiterte allein am Leitungsvorbehalt des BMJ, damals Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. (vgl. Ausschußbericht S. 523f, zum Leitungsvorbehalt a.a.O., S. 140)

Dieser Leitungsvorbehalt wurde zwar in einem Koalitionsgespräch im Sommer 1994 nach außen beerdigt. Aber damit wir befinden uns schon in unmittelbarer zeitlicher Nähe der Münchener Vorgänge. In gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen sprach man von der Kompensierung der fehlenden Importermächtigung für die Polizei und den beschaffenden Auslandsgeheimdienst auf dem Wege der Zusammenarbeit.

Es bedarf also keineswegs der Inanspruchnahme der von Peter Christian Ludz angesichts der hier notorisch schlechten Quellenlage ins methodische Instrumentarium der Zeitgeschichtsforschung aufgenommenen »Phantasie«, um zu sehen, daß es ernsthafte Meinungsverschiedenheiten und ernstzunehmende Mehrheiten in der Frage der von der BMU-Gruppe ausdrücklich empfohlenen Importmöglichkeit strahlenden Materials durch die Sicherheitsbehörden und unter diesem Gesichtspunkt auch operativen Einbeziehung der Geheimdienste ins System der Nuklearen Nachsorge gab.

Aber man unterstelle als Grund dieser Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Staatsapparates nun keineswegs nur bürgerrechtliche Motive, kann doch der Blick auf die Dynamik staatlich-gesellschaftlicher Entwicklung lehren, daß polykratischer Konservatismus und Konkurrenz der Begehrlichkeiten nach Kompetenzen ebenso wirken: Man denke z.B. an die kürzliche Auseinandersetzungen um das Krypto-Gesetz, in der staatliches Sicherheitsdenken und Gesichtspunkte internationaler privatwirtschaftlicher Konkurrenzfähigkeit kollidierten, oder an die Auseinandersetzung um die Errichtung des geheimdienstgenerierten Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als Zertifizierungsstelle für Produkte der I&T-Industrie, in der sich die betroffenen Großunternehmen die staatlichen Geheimdienste vom Halse hielten, indem sie die Zertifizierungsvollmacht für ihren hauseigenen TÜV erstritten, oder an die Kompetenzrangeleien zwischen Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesnachrichtendienst (BND) im Ausland, die in der 62. Sitzung des Rechtsausschusses des 12. Deutschen Bundestages am 13.1.1993 ausführlich erörtert wurden: »Bei Mischzuständigkeiten von Behörden des Gastlandes sprechen sich BND-Resident und BKA vor Ort ab .« (vgl. GEHEIM 4/95, S. 21f)

Exkurs zur aktuellen Entwicklung einer gefährlichen Tendenz

Den letzten Zweifel an der Ernsthaftigkeit, mit der die gewünschte Ausweitung des operativen Spielraums für die geheimdienstlich-polizeiliche Illegalitätsreserve betrieben wurde, hat ihre jüngst durchgesetzte Verrechtlichung bei der Novellierung zwar nicht des AtG, aber des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter beseitigt, das die Probleme im damals mehrheitlich angestrebten Sinne denkbar umfassend regelt: Es läßt Ausnahmen von der Melde- und Genehmigungspflicht zu »für die Bundeswehr, in ihrem Auftrag hoheitlich tätige zivile Unternehmen, ausländische Streitkräfte, den Bundesgrenzschutz« und »den Bundesnachrichtendienst ., soweit er im Rahmen seiner Aufgaben für das Bundesministerium für Verteidigung tätig wird«, also z.B. - wie gezeigt - unter falscher Deklarierung getarnte Waffen an Israel liefert, als auch »soweit sicherheitspolitische Interessen dies erfordern«. Diese Art schleichender Ausnahmegesetzgebung zugunsten der Exekutive, die als eine Klausel unter anderen in den verschiedensten Gesetzen unter den verschiedensten harmlosen Namen daherkommt, besitzt nicht nur in diesem Fall, sondern generell eine gefährliche Dimension - die Dimension geräuschloser Ermächtigung.

4.2. Die Lage im Sommer 1994: Das Problem lag im Nachweis

Nach der jetzt erfolgten Regelung im Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter entscheidet künftig alleine die Bundesregierung durch Rechtsverordnung, welche ihrer Behörden illegales Plutonium importiert. Das war '94 im Sommer also noch ganz und gar nicht so. Aber wie war es? Die Bundesregierung hatte ihren Bericht über »Maßnahmen gegen den unerlaubten Umgang mit Kernbrennstoffen aus GUS-Staaten« von 1992 veröffentlicht und damit den aufmerksamen Sicherheitsbehörden Bedarf und Auftragsprofil beschrieben. Eine breite und lautstark geführte Diskussion, von der Tagespresse bis hin zu renommierten Zeitschriften wie der »Internationale(n) Politik« der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik oder »Kriminalistik«, zu Fragen der Organisierten Kriminalität und »Neuen Gefahren«, darunter besonders die des illegalen Nuklearhandels, was wir hier als offenkundig voraussetzen wollen, präparierte die Öffentlichkeit. Der Staatsminister im Bundeskanzleramt machte den Nuklearschmuggel neben dem internationalen Rauschgifthandel und dem Terrorismus zu einem neuen Schwerpunkt (Staubwasser, Protokoll 17, 119) seiner Koordinierungstätigkeit der Geheimdienste untereinander und der Geheimdienste mit den Polizeien und anderen Behörden: da gab es z.B. zum Problem der Proliferation »ein Gremium, das beim Wirtschaftsministerium relativ regelmäßig tagt und diese Proliferationsfälle bespricht. Daran sind beteiligt außer den Nachrichtendiensten z.B. das Zollkriminalamt, das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Wirtschaft« (a.a.O., S.. 92); da gab es sogar über das allgemeine Auftragsprofil hinaus z.B. »eine Auftragssteuerung« des BND »in der Hinsicht, daß Fälle von Nuklearkriminalität zu den Fällen gehören, die der BND aufzuklären hat - im Ausland« (Staubwasser, 17, 119). Das System der nuklearspezifischen Gefahrenabwehr wurde unablässig getestet und seine Aktionsmöglichkeiten ausgeweitet. Die Sicherheitsbehörden bemühten sich mit wachsendem Erfolg, den Nachweis für die beschworene »Neue Gefahr« aus dem Osten zu führen. Was fehlte, um den Nachweis zu führen, war erklärtermaßen die Importermächtigung. Exkurs zur Phylogenese des Münchner Plutoniumfalls: Vorformen des Falles in Tengen und Landshut

In dieser Atmosphäre wurden zwei Fälle von Nuklearkriminalität zur Einleitung der Phase genutzt, die man im Fußballsport als »Pressing« bezeichnet. Beide Fälle haben sich bei näherem Hinsehen als äußerst fragwürdig erwiesen.

Tengen - »der erste Plutoniumfund in Deutschland« Am 10. Mai 1994 durchsuchten Beamte des bayerischen Landeskriminalamtes mit örtlicher Unterstützung der Kriminalaußenstelle Singen im baden-württembergischen Tengen-Wiechs die Wohn- und Geschäftsräume eines der Verbreitung von Falschgeld Beschuldigten und fanden in dessen Garage »zufällig« einen Bleibehälter mit kyrillischer Aufschrift, für die StA Konstanz erkennbar als »Aufschrift russischer Herkunft«. Die Kriminalaußenstelle Singen leitete nach sofortiger Überprüfung des Behälters auf Strahlung durch die örtliche Feuerwehr am folgenden Tag dessen Untersuchung durch die Landesanstalt für Umweltschutz in die Wege. Die Verbindungsstelle des Bundesnachrichtendienstes in Stuttgart hat sich zweimal ohne Einschaltung der untersuchenden Staatsanwaltschaft Konstanz mit dem LKA Baden-Württembergs in Verbindung gesetzt. Nach ihrer Einverständniserklärung zur Kooperation des LKA mit dem BND nahm die Staatsanwaltschaft ihrerseits eine eigene Verbindung mit der BND-Verbindungsstelle auf. (Vgl. StA Konstanz vom 1.7.1994, Berichtshandakte Jäkle Az. 11 Js 172/94, MAT A 26 zu BB 13-21,

Landshut - »vier Wochen nach Plutonium in Tengen, waffenfähiges Uran« Der Fall Landshut entwickelte sich aus einem wie üblich verwirrenden Introitus zu einem eindeutig provozierten Fall in der Obhut des bayerischen LKA. Zum einen nahm er Ausgang von der Nachricht einer Polizeiinformantin in Schwelm an das Polizeipräsidium in Hagen und kam über die Kripo in Schwelm und die StA beim Landgericht Hagen zur StA am Landgericht Landshut; zum andern nahm er Ausgang von Görlitz und kam vom LKA Sachsen über das LKA Rheinland-Pfalz und die StA in Trier zur StA am Landgericht Landshut; vom LG Landshut ging der Fall an die Polizeiinspektion Regensburg, die ihn weiter gab an das Bayerische Landeskriminalamt. Dort übernahm der ständige VEB/noeP des BayLKA »Walter Boeden«, der später auch den Scheinaufkäufer im Münchener Fall gab, von seinem rheinland-pfälzisch-triererischen Kollegen VE »Leo Zimmer« die verdächtigte Geschäftsfrau aus kriminogener Umgebung Christa K. in Landshut, um ihr dann so lange sachkundig die Hand zu führen, bis die alarmtauglichen Bedingungen für den »Fund von Landshut« am 4.7.1994 zusammengebracht waren. Bei der Auslösung des Falles in Schwelm fungierte Christa K. noch als Anbieterin, im Kontakt mit dem noeP bestand ihre Rolle aus der Sicht des Richters Steigenberger am Amtsgericht München »im wesentlichen darin, daß sie sich für den VE um Lieferanten bemühte . und die technischen Anweisungen des VE . weitergab«, weshalb er im August 1994 den Haftbefehl gegen die Beschuldigte aussetzte. Beide Fälle sahen schon Personal, Region und Ingredienzen des unmittelbar folgenden »Münchener Falles« in Aktion. Exkurs zur Ontogenese des Münchner Plutoniumfalls: Der Zwillingsbruder Kokain Im selben Zeitraum hatte die Leitung des BND eine Entscheidung zu fällen über die Abwicklung eines Falles, der bis aufs Haar dem späteren »Plutonium-Schmuggel« glich, einschließlich der beteiligten Personen. In diesem »Paradies der falschen Vögel«, wie man mit Wolfgang Hildesheimer das Milieu benennen könnte (vgl. nur jüngst die Affäre Foertsch, WamS vom 17.5.1998; die Affäre Meiring, FAZ vom 14.5.1998 oder die Affäre Lustracja, FAZ vom 14.5.1998), läßt sich das Dokument sowohl als Sprachregelung zu einem geplanten Plutonium-Deal lesen, als auch als getarnte Verständigung über die Vorgehensweise: Die Rede ist von einer kontrollierten Lieferung Kokain. Aber man ersetze bei der Lektüre nur »Kokain« durch »Plutonium«. (Dok. im Bericht) Der Vermerk unterrichtet den Präsidenten des BND von der Absicht operativer Zusammenarbeit von 11 A BND mit dem Landeskriminalamt Bayern
- Gemeinsame Ermittlergruppe Rauschgift - zur Erfassung einer Kontrollierten Lieferung von Kokain nach Deutschland. Der Tipgeber ist identisch mit dem Tipgeber im Plutoniumfall RAFA. Der Fall wurde wie im Plutoniumfall »unverzüglich« dem BayLKA »vorgetragen«, das sich für zuständig und bereiterklärt, den Fall zu übernehmen. An der Front: Walter Boeden. Der Tipgeber, die BND-Quelle RAFA also, soll »vor Ort an Einzelaktionen als Vermittler beteiligt bleiben«, weshalb das LKA den BND »um begleitende operative Unterstützung ersucht«. Die besteht aus »Sprachmittler« und »Logistik«. Es gilt: »Der BND tritt nicht in Erscheinung.« Der Leiter der Rechtsabteilung, beim Personalrevirement nach dem Fall zum Stellv. Präsidenten aufgerückt, verfaßt seine Stellungnahme handschriftlich auf dem freien Raum von Blatt 3 der Leitungsunterrichtung:

»Stellungnahme AL 4

1. Gegen eine gemeinsame Operation von BND und LKA Bayern bestehen erhebliche Bedenken, weil hierdurch das Trennungsgebot zwischen Nachrichtendiensten und Polizei verletzt sein könnte.

2. Dagegen bestehen keine Bedenken, wenn der BND die Operation an das LKA abgibt und dem LKA gemäß õ 5 Abs. 1 Ziff 3 und 2 VwVfG in den in der Vorlage aufgeführten Punkten Amtshilfe gewährt.

3. Das LKA ist darauf h inzuweisen, daß Informationen des BND nicht gerichtsverwertbar sind und deshalb in die Ermittlungsakten nicht einfließen.«

Es entscheidet nicht Präsident Porzner, sondern dessen skandalumwitterter und von Insidern mit wenig respektvollen Beinamen versehener Dr. Münstermann (promoviert 1960 mit einer Arbeit über Mandevilles »Private Vices Public Benefits«, London 1714): »Einverstanden unter Bezugnahme auf Stellungnahme AL 4, i.V. .«

Die Personen und Ereignisse, die in Madrid und Moskau zu dem Tathergang gehören, sind letztlich nicht aufgeklärt. Es fällt jedoch auf, daß sich auch diese beiden Orte neben München besonders auszeichnen. Die deutschen Behörden bewegten sich sowohl in Madrid als auch in Moskau in seit langer Zeit vertrautem Gelände. (vgl. H. Höhne, H. Busch u.a.)

Was im Unterschied zu einer Kontrollierten Lieferung Kokain noch im Wege stand, war die alte Crux der ungeklärten rechtlichen Lage, das Importverbot für Plutonium.

4.3. Geheimnisse im Kanzleramt

Was sich im Kanzleramt abspielte, wissen wir nicht, und es gibt auch wenig Hoffnung, je in Erfahrung zu bringen, wie der Kanzler als Ressortchef, der Chef des Bundeskanzleramtes mit der Rechts- und Fachaufsicht, der Koordinator der Geheimdienste, der Staatssekretärausschuß für das Geheime Nachrichtenwesen u.a. an diesem Fall beteiligt sind. Denn - das Bundeskanzleramt erwies sich als unkontrollierbar. Die Politologinnen pfeifen es von den Dächern: Im Bereich des staatlichen Handelns hat generell in der Tendenz der kurze, rechtlich nicht normierte und nicht institutionalisierte, also der informelle Weg, den rechtsstaatlich gebotenen ersetzt; entsprechend ersetzt das Opportunitätsprinzip das Legalitätsprinzip. Damit wird staatliches Handeln zunehmend unkontrollierbar. (vgl. für viele: F. Müller-Rommel/Gabriele Pieper, Das Bundeskanzleramt als Regierungszentrale, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 21-22/91, S. 3-13, hier besonders S. 10 unter Bezug auf die Politik-Professoren K. v. Beyme und Wolfgang Rudzio) Es ist ein besonderes Indiz für den Verfall der demokratischen Kultur, daß weder die zitierten Politologinnen die beschriebene allgemeine Entwicklung beklagen, noch die vom Untersuchungsausschuß gehörten Beamten der Geheimdienstabteilung 6 des Bundeskanzleramtes die dort noch weitergehende Untergrabung des demokratischen Rechtsstaats problematisieren. Der Demokratie übergeordnet erscheint der anscheinend alleine noch gültige Gesichtspunkt der Effizienz (ebd., 17. Sitzung, Protokoll MDg Staubwasser, 57. Sitzung, Protokoll MR Wenkebach). Nach deren Auffassung ist das Bundeskanzleramt zwar durchaus ein Ministerium im Sinne der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien (GGO) (17, 106). Die hieraus sich ergebende Forderung nach Klarheit, Wahrheit und Vollständigkeit der Akten wird im nachrichtendienstlichen Bereich aber ad absurdum geführt durch eine Verschlußsachen (VS)-Anweisung, die entgegen der GGO das need to know-Prinzip verordnet: »Keine Person darf über eine VS umfassender oder eher unterrichtet werden, als dies aus dienstlichen Gründen unerläßlich ist.« (57, 2) Um so wichtiger, was solche Insider vor dem Ausschuß sagen .

Ihre Aussagegenehmigungen erstrecken sich zwar nicht auf »Angaben über die Willensbildung der Regierung durch Erörterung im Kabinett oder ressortübergreifende interne Abstimmungsprozesse zur Vorbereitung von Kabinetts- oder Ressortentscheidungen .« (57/90), aber immerhin reden sie doch erhellend von ihrer Arbeitsweise: Der Staatsminister sei kein sehr bürokratisch veranlagter Mensch (57/7). Aber auch davon unabhängig sei ihre Arbeit nicht so formalisiert wie bei einem Finanzamt, sondern das laufe manchmal etwas anders, sagen sie (57/7). Die Vorschriften seien pragmatisch zu handhaben (57/13), pragmatisch und flexibel (57, 4). Es werde nur dann was aufgeschrieben, wenn es wirklich nötig sei (57, 2). Und dann fielen gerade in der Abteilung 6 Akten an, die nach der Rechtsauffassung der Präsidentin des Deutschen Bundestages und der PKK »nicht herausgabefähig« seien (57, 3). Die GGO gelte für die normalen offenen Akten. Dann gebe es die VS-Anweisung. Die regele die Sonderfälle. (57/15) Im Bundeskanzleramt werde nicht »Dienst nach Vorschrift« gemacht, sondern von Fall zu Fall geguckt, ob besondere Umstände ein Abweichen von irgendwelchen Regeln erforderlich machen. Das könne gerade in so sicherheitsempfindlichen Bereichen wie denen, die Aufgabe des Referats seien, der Fall sein (57, 4f) Bei ganz sensitiven Vorgängen gebe es Gespräche nur zwischen den Präsidenten und dem Staatsminister zum Beispiel. In solchen Fällen fertige weder der Präsident noch der Staatsminister einen Vermerk darüber an, sondern die zwei wüßten das. Es gebe im nachrichtendienstlichen Bereich - das sei ja das Aufregende daran und das Ungewöhnliche für unsere Republik - noch so was wie Geheimnisse, die man auch nicht in den Akten finde (57/15). Seit den 70er Jahren finde jede Woche am Dienstag die sog. ND-Lage im Kanzleramt statt - ohne Niederschrift (17/89, 90). Teilnehmer seien die Präsidenten der Dienste, die Staatssekretäre der Häuser, zu denen die Dienste gehören, und einige Beamte aus dem Haus (17/90). Besprochen würden Angelegenheiten nachrichtendienstlicher Art, nachrichtendienstlicher Aufgabenerfüllung, ihre Bedeutung für äußere und innere Sicherheit, auch konkrete Einzelfälle (17/90). Daß keine Niederschrift gefertigt werde, habe seine Gründe u.a. darin, daß eine Niederschrift der gewollten freien Aussprache nicht förderlich sei (Das Gegenstück zu der zitierten Begründung, die Parlamentspräsidentin Rita Süßmuth für das Geheimschutzregime im Ausschuß gegeben hat, auf »höherer« Ebene: Es geht immer darum, die Erzählfreude der Dienste nicht zu beeinträchtigen). An die ND-Lage pflege sich noch einmal eine Kleine Lage anzuschließen, im Zimmer von Herrn Schmidbauer, an der nur die Präsidenten und die Staatssekretäre, der Abteilungsleiter 6 und die persönliche Referentin des StMin teilnähmen - ganz ohne Frage natürlich ohne ein Protokoll (17/104f). Das alles fand auch z.B. am 26. Juli 1994 statt, mitten im Ablauf der Münchener Ereignisse. Was damals dort gesprochen und entschieden wurde, wissen ganz allein die Teilnehmer der Runde und ihre Vertrauten. Es gibt, wie gehört, noch Geheimnisse . Die aber erscheinen auf der Seite des Untersuchungsausschusses als »Unkenntnis« (Max Weber).

4.4. Operation by-pass

Die Überwindung des Importverbots läßt sich aber immerhin doch darlegen. Das Problem wurde durch bayerisches Sonderrecht gelöst. Am 15.7.1994, zwischen den Tengener und Landshuter »Funden« von Nuklear-Material und dem Ablauf des Münchener Falls, hatte der bayerische Innenminister in Abstimmung mit dem Justiz- und Umweltministerium eine landeseigene Regelung für die polizeiliche Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im Zusammenhang mit dem illegalen Umgang mit radioaktiven Stoffen in Kraft gesetzt. »Probenkäufe dürfen nicht dazu führen, daß im Ausland befindliches Material nach Deutschland gebracht wird«, hatte es - wie oben zitiert - in den Richtlinien der IMK geheißen. Der bayerische Innenminister Beckstein erläutert in der 11. Sitzung des Bonner Untersuchungsausschusses am 28. September 1995: »Warum die bayerischen Richtlinien in einem Punkt abweichend oder - abweichend ist vielleicht übertrieben -, ich sage mal, nicht hundertprozentig deckungsgleich sind mit dem Bund, hängt mit der Frage Scheinkauf zusammen, die wir intensiv diskutiert haben. Wir haben festgelegt: »Polizeiliche Maßnahmen dürfen grundsätzlich nicht dazu führen, daß im Ausland befindliches radioaktives Material nach Deutschland gebracht wird«. Das heißt, wir haben ganz eindeutig gesehen: Wenn irgend möglich, muß das Material im Ausland sichergestellt werden .« (11. Sitzung, Protokoll Beckstein Seite 8) Vielleicht etwas sibyllinisch, aber dennoch deutlich genug, hat der bayerische Innenminister damit gesagt, daß seine Regelungen die Eindeutigkeit der Formulierung »Probenkäufe dürfen nicht dazu führen, daß im Ausland befindliches Material nach Deutschland gebracht wird«, durch Einschub des Wörtchens »grundsätzlich« relativieren in ein »Wenn irgend möglich«, also nichts weiter regeln als die Ausnahme. Vor dem Ausschuß für kommunale Fragen und Innere Sicherheit des Bayerischen Landtages vom 25. und 26. April 1995 war er noch deutlicher gewesen (s. unkorrigiertes Ms.), hatte zwar vom Vorrang der Gefahrenabwehr vor der Strafverfolgung gesprochen, hatte aber betont, daß »bewußt kein totales Verbringungsverbot aufgenommen« (S. 14) worden war und »im vorliegenden Falle (.) eine solche Ausnahme (im Ms. irrtümlich Aufnahme, d. Verf.) in die Überlegungen mit einbezogen worden« (S. 15) war. So und nicht anders sah und sieht es auch der damalige Ministerialrat im Referat E 4 des Bayerischen Justizministeriums, der heutige Vizepräsident des OLG München, Dr. Karl Huber, der die ministerielle Aufsicht der Staatsanwaltschaft im Münchener Fall zu vertreten hatte, wie schon als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags (vgl. Nürnberger Zeitung vom 10.7.96), so auch als letzter Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuß des Bundestages.

Manfred Such, MdB: »Sie haben mir eben, als ich Sie zu Ihren Aufgaben gefragt habe, gesagt, daß es Ihre Aufgabe ist, auch zu überprüfen, ob die Maßnahmen, die Anordnungen der Staatsanwaltschaft der Rechtslage entsprechen. Das haben Sie zu prüfen; das ist Ihre Aufgabe. Hier wird Ihnen gesagt: »Hier wird möglicherweise Material aus Moskau angeliefert.« Das schreiben Sie selbst, um dann zu sagen:« Über die Möglichkeit, ob das rechtmäßig ist, ob die Staatsanwaltschaft und die Polizeibeamten das dürfen, habe ich mir keine Gedanken gemacht«?«

Zeuge Dr. Huber: »Das sage ich nicht. Das wäre auch rechtmäßig gewesen.«

Manfred Such, MdB: »Das müssen Sie mir mal begründen, wie es rechtmäßig ist, indem Material aus Moskau mit Wissen der Staatsanwaltschaft und der Polizei in die Bundesrepublik importiert werden kann.«

Zeuge Dr. Huber: »Natürlich ist das rechtswidrig für die Täter, ganz klar.«

Manfred Such, MdB: »Und für die Beteiligten.«

Zeuge Dr. Huber: »Nein.«

Die bayerische Regelung verschaffte den Sicherheitsbehörden im Münchener Fall die Handlungsfreiheit, die ihnen auf Bundesebene damals noch verwehrt war, heute aber gewährt wird durch die Neuregelung des Gesetzes zum Gefahrengütertransport. (s.o.)

4.5. Schlußbetrachtung -

Es ging um den »Gesamtprozeß« Während noch zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse verhandeln, wird die Regierungs- bzw. parlamentarische Mehrheitsversion des Sachverhalts längst in offiziösen Beschreibungen der »neuen sicherheitspolitischen Risiken« als Beleg für »die neuen Proliferationsrisiken« angeführt: »Spektakuläre Fälle wie die Beschlagnahme sowjetischen Plutoniums auf dem Münchener Flughafen im August 1994 . haben unterstrichen, wie schlecht es um die entsprechenden Kontrollmechanismen spaltbaren Materials in den drei verbliebenen Atommächten Rußland, der Ukraine und Kasachstan bestellt ist.« So Stephan Bierling im Artikel Sicherheitspolitik zum offiziösen Handbuch Deutsche Einheit, hrsg. von den professoralen Regierungsberatern Werner Weidenfeld und Karl-Rudolf Korte, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, Neuausgabe 1996, S. 604. Da findet Nachdenklichkeit wie die des SPD-MdB Gernot Erler, der von Anfang an vor den internationalen Folgen der Skandalierung der russischen Atomindustrie warnte (vgl. 75. Sitzung, Protokoll Gernot Erler, S. 1-16), kein Gehör - im Gegenteil. Der entschlossene Durchmarsch der skandalierten Bonner und Münchner Seilschaft resultiert aus dem erfolgreichen Versuch, »das gewonnene Momentum in den internationalen Gremien für die Bekämpfung des Nuklearschmuggels zu erhalten und in den Rahmen unserer Nichtverbreitungspolitik einzupassen.«(Dr. Auer, AA, Dokument 148) Die Initiativen der Bundesregierung zur Bekämpfung des Nuklearschmuggels (BerKab 1992/Dr. Auer) ließen sich leicht in ihre Nichtverbreitungspolitik einordnen. Das Festhalten am angeblichen Nachweis der Existenz eines illegalen Nuklearmarktes durch deutsche Sicherheitsbehörden ist ihrer Selbststilisierung als größte nicht Atomwaffen besitzende Macht mit dem Recht auf Führung der Mehrheit der »atomaren Habenichtse« bei der Absenkung der Souveränität bis hin zur Kontrolle der Arsenale der Atommächte (letzter Erfolg, das »International Plutonium Regime« vom September 1977, s. »Blätter für deutsche und internationale Politik 3/98, S. 376-379) und der Selbstanpreisung als Hort der atomaren Sicherheit ganz sicherlich förderlich gewesen. Dr. Auers Bedauern, »daß dieser Fall - auch nach Darstellung des BND - von unseren Diensten . weitgehend herbeigeführt wurde« (Auer, Dokument 148, S. 1/719) war zweifellos echt. Aber ebenso zweifellos echt ist die tröstende Versicherung: »Die Federführung für den Gesamtprozeß liegt mittlerweile (wieder) unbestritten von den übrigen Ressorts beim AA/Ref. 431« (ders., a.a.O., S. 5/723). Dort beherrscht man die Kunst des Origami.

5. Zum Enquete-Auftrag:

Die Vorschläge von GRÜNEN und SPD greifen zu kurz.

Die Forderung nach Abschaffung des BND und der Übertragung seiner Funktionen auf andere staatliche und private Einrichtungen, wie sie DIE GRÜNEN erheben, ist unter sachlichem wie demokratischen Gesichtspunkten grotesk: Was würde sich an der Sachlage ändern, wenn man den BND aus der Aufzählung der von den atomrechtlichen Auflagen befreiten Einrichtungen des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter (s.o.) striche? Ein Abbau von gesetzlich geregelter Illegalitätsreserve (BND-Gesetz) zugunsten der gesetzlich nicht geregelten Illegalitätsreserve (private Sicherheitsunternehmen) - und das BKA übernähme die Auslandspionage? (s. GEHEIM Nr. 2/1996, S. 4/5; diesen damals in dieser Zeitschrift und später in Anlehnung an unsere Kritik von Ulla Jelpke vor dem Parlament kritisierten Gesetzesantrag zur Auflösung des BND, dieses Epitaph auf das bürgerrechtliche Engagement der GRÜNEN, läßt sich ganz sicher nicht durch Verweis auf ein paar fortschrittliche Formulierungen in Wahlprogrammen ungeschehen machen. Wie schnell das Schicksal im übrigen schon im Vorwahlkampf Wahlaussagen ereilen kann, haben DIE GRÜNEN gerade demonstriert.) Ähnlich ungenügend ist auch die Schlußfolgerung der SPD, die sich nach dem Abarbeiten eines Gemischtwarenladens nach dem Abspringen der CDU/CSU, FDP und den GRÜNEN als letzte Partei des PKK-Verfassungsbogens für das ursprünglich von allen gemeinsam erarbeitete Gesetz zur Konzentrierung der Kontrolle der Geheimdienste (BT-Drs. 13/10029) ausspricht. Im Schicksal dieses Gesetzentwurfs spiegelt sich aber nichts anderes als die grundsätzliche Unvereinbarkeit von Geheimdiensten und Demokratie.

Es ging und geht aber nicht alleine und nicht in erster Linie um einen Geheimdienstskandal. Die Anatomie des Skandals erweist sich vielmehr als die Anatomie der ganzen Gesellschaft, und zwar auf mehreren Ebenen, aber fast immer als Demokratieproblem.

Die Gefahr der Proliferation hat ihre Ursachen im Gewinnstreben der »zivilitärischen« Atomwirtschaft und dem freizügigen und konkurrierenden Waffen- und Technologieexport der Industrieländer, an vorderer Stelle die Bundesrepublik Deutschland.

Die Unsicherheiten der Produktion und Entsorgung atomaren Mülls sind ein hervorgehobener und besonders gefährlicher Aspekt des Müllproblems.

Illegaler Waffenhandel, illegale Müllentsorgung und illegaler Plutoniumhandel sind - wie viele Skandale beweisen - in einer Grauzone staatlich-wirtschaftlichen Handelns angesiedelt.

Daß gerade in diesen Bereichen die Korruption blüht, ist kürzlich ausführlich im Zusammenhang mit dem einschlägigen Gesetzesvorhaben erörtert worden und darf hier als offenkundig vorausgesetzt werden.

Besonders involviert sind staatlicherseits die Polizei- und Geheimdienstbehörden, die sich materiell nicht mehr auf die institutionalisierten und gesetzlich geregelten und kontrollierten Dienste beschränken lassen, und ihre politischen Führungsstellen.

Die Vorschläge zur Vermeidung ähnlicher Probleme und Gefährdungen zielen dementsprechend auf mehrere Ebenen:

1. Ausstieg aus der Atomwirtschaft, allgemeine Abrüstung und internationale Zusammenarbeit mindern die Proliferationsgefahr.

2. Allgemeines Umsteuern der Wirtschaft auf ein Produktionskonzept der Müllvermeidung zeigt die Richtung zur langfristigen Lösung des Entsorgungsproblems auch der Atomwirtschaft.

3. Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft läßt die Grauzone unkontrollierbaren oder nur nach dem Schaden zu ahndenden Handels schrumpfen und vermindert die Rolle der Korruption.

4. Geheimdienste sind weder mit dem Prinzip der Demokratie noch friedlicher internationaler Beziehungen zu vereinbaren. Sie sind aufzulösen.

5. Entdemokratisierung und Vergeheimdienstlichung der Polizei ist rückgängig und die Polizei wieder demokratisch kontrollierbar zu machen. Das gilt national wie auch im Hinblick auf Europol. (vgl. vorstehenden Artikel von Rolf Gössner)

6. »Gläserne Verwaltung«, ein im Unterschied zum prakt izierten informellen und opportunistischen Handeln der Exekutive strikt an Rechtsstaatlichkeit und Legalität gebundenes, bis in die letzten Verästelungen kontrollierbares Handeln der Exekutive, einschließlich des Bundeskanzleramtes, ist Voraussetzung für eine Demokratie, in der die Volkssouveränität an erster Stelle steht, und nicht die Staatsräson.

7. Ein neues parlamentarisches Untersuchungsrecht ist zu schaffen, das den veränderten Funktionen und Strukturen von Parlament und Verwaltung Rechnung tragend - die Minderheit in den Stand wirklicher Kontrollmacht versetzt und die Staatsräson übersteigt, also demokratische Kontrolle der Exekutive überhaupt wieder möglich macht.

Bordien, Hans Peter


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