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Tödliche Produkte
Hamburg: Schaufenster der Rüstungsindustrie

Die nationale und internationale Rüstungsindustrie im maritimen Bereich hat in den letzten Monaten offenbar ein neues (altes) Schaufenster für seine tödlichen Produkte gefunden - die Freie und Hansestadt Hamburg. Deutschlands Tor zum Norden war Ende Juni Gastgeber einer internationale Fachmesse zur »Unterwasser-Verteidigungstechnologie« - kurz UDT '97 - statt. 85 Firmen aus dem Bereich der Unterwasserkriegsführung waren auf der, so die Lobbyzeitschrift »Soldat und Technik«, »bedeutenden und hochwertigen Veranstaltung« präsent. An den dazugehörigen Experten-Veranstaltungen nahmen mehr als 500 Teilnehmer aus 36 Nationen teil. Bislang war die UDT-Messe von Frankreich oder Großbritannien ausgerichtet worden. Erfreut stellte die Fachzeitschrift »Naval Forces« fest, daß die UDT '97, die erste reine Rüstungsausstellung in Deutschland seit 15 Jahren gewesen sei. In der Vergangenheit hätten massive Interventionen von Friedensbewegung und linksgerichteten Aktivisten solche Veranstaltungen verhindert.

Ende August lud dann das deutsche Fregatten-Konsortium - Blohm + Voss, HDW und Thyssen - 300 hochrangige Militärs und Manager der Rüstungsindustrie aus aller Welt zur MECON '97 nach Hamburg ein. Die viertägige Werbeveranstaltung sollte Deutschlands Kriegsschiffsindustrie mit neuen Aufträgen versorgen. Objekt der internationalen Begierde: die vor 20 Jahren von Blohm + Voss entwickelten Fregatten und Korvetten der sogenannten Meko-Generation. Der Name Meko (MEhrzweck-KOmbination) steht in der internationalen Welt der Seekrieger für Spitzentechnologie im militärischen Schiffahrtsbereich. Die Meko-Kriegsschiffe setzen die Modul-Bauweise, oder einfacher gesagt auf eine Art Lego-System. In den Schiffen werden die einzelnen Bereiche wie Navigation, Kommunikation oder Waffen mit Modulen (Container, Palette und Rahmenbauwerk) ausgerüstet. Vorteil: bei gleicher Konstruktion des Schiffskörpers kann dieser, so der Blohm+Voss-Prospekt, »unterschiedliche Waffen- und Elektronikmodule aufnehmen, die über standardisierte Schnittstellen miteinander und mit der übrigen Schiffstechnik verbunden sind.« eingesetzt. Der Käufer kann dabei natürlich auch eine individuelle Ausstattung seiner Schiffe erreichen, da das Zubehör (die Module) für Meko-Schiffe in zahlreichen Ländern produziert wird. Viel wichtiger aber, so ein Teilnehmer der Mecon-Konferenz, »der Krieg kann ohne Pause stattfinden.« Langwierige Reparaturen, die die tödlichen Spiele der Herren Militärs für längere Zeit stören könnten gehören der Vergangenheit an: »Während bei konventioneller Bauweise, z.B. für den Einbau und die Ausrichtung eines Seezielgeschützes einige Wochen benötigt wurden, läßt sich der für diese Arbeit nötige Aufwand bei der Modularbauweise auf einige Tage reduzieren.« (Blohm+Voss-Prospekt) B+V-Chef Herbert von Nitzsch zeigt in der Zeitschrift »Wehrtechnik 6/97« denn auch gleich ein Beispiel aus der Praxis (Golfkrieg) auf: »Eine defekte Anlage können Sie in äußerst kurzer Zeit austauschen, um mit dem Schiff wieder in See gehen zu können. Das haben die Argentinier beispielsweise mit einem Geschützwechsel vor der Golf-Abreise bewiesen. Innerhalb von 24 Stunden konnte das Schiff ablegen.« Mehr als 40 Meko-Kriegsschiffe sind mittlerweile verkauft. Das erste Schiff »Aradu« (Donner) ging 1981 an Nigeria. Deren Marinevertreter fehlten überraschend in Hamburg.

Aber auch ohne Nigerianer rollte der Hamburger Senat den internationalen Kriegsgewinnlern aus fünf Kontinenten den roten Teppich aus. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit wurde zu Ehren der Militärs und Rüstungsvertreter ein kleiner Empfang im Rathaus veranstaltet. In einem Grußwort zur Mecon-Konferenz ließ SPD-Bürgermeister Voscherau verkünden, daß er überzeugt sei, daß die Veranstaltung »für alle Besucher ein interessantes Forum zur Demonstration der Leistungsfähigkeit von nautischen Systemen aus Deutschland sein wird«. Experten bestätigten, daß es sich bei der Mecon-Konferenz des deutschen Fregatten-Konsortiums, um »eine der weltweit wichtigsten Konferenzen« für den Bereich der von Kriegsschiffen handelt. Es geht um Milliardenaufträge für die deutsche Kriegswirtschaft. Und verkaufen sich die deutschen Modelle erfolgreich, profitiert auch die deutsche Marine - denn bei Massenverkauf ins Ausland sinken die Preise der Schiffe. Und mit dem gesparten Geld lassen sich dann vielleicht noch ein paar U-Boote kaufen. Kein Wunder, daß Bundesverteidigungsminister Volker Rühe mit seinem Ministerium die Schirmherrschaft für die Veranstaltung der deutschen Rüstungslobby übernahm.

Insgesamt zeigten 32 Nationen - der überwiegende Teil Nicht-NATO-Länder - auf der MECON '97 Flagge. 24 Staaten hatten hochrangige Vertreter ihrer Marinestreitkräfte entsandt. So z.B. die USA, Chile, Australien, Qatar, Malaysia, Argentinien, Portugal, Peru, Indonesien oder Südafrika. Und mit Polen überzeugte sich ein ehemaliger Ostblockstaat von der Technologie »Made in Germany«. Einträchtig saßen militärische Vertreter ansonsten verfeindeter Staaten wie Indien und Pakistan in Hamburg zusammen und ließen sich gleich zu einer kleinen Probefahrt auf den Schiffen »Mecklenburg-Vorpommern« und »Brandenburg« einladen. Feindschaften traten für einige Tage in den Hintergrund. Motto: Dabeisein ist alles. So absolvierten auch die anwesenden Marineoffiziere der Türkei und Griechenlands die Meko-Fahrt von Wilhelmshaven nach Hamburg gemeinsam. Ob dabei bereits die nächsten Zypern-Spiele verabredet wurden war nicht in Erfahrung zu bringen. Einig war man sich aber, daß letztendlich alle in einem Boot sitzen - in einem deutschen Kriegsschiff.


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