Logo Geheim 1/1997

Cuba: Ein Krieg, der nicht zu Ende geht ...

Zunächst gilt es erst einmal mit einem Märchen aufzuräumen, daß bisweilen immer noch von der veröffentlichten Meinung verbreitet wird: angeblich habe die CIA erst damit begonnen, das revolutionäre Cuba zu destabilisieren, als Fidel Castro den Schulterschluß mit der Sowjetunion suchte. Anfänglich habe man gar den Sturz der faschistischen Diktatur von Washingtons Gnaden unter Fulencio Batista am Neujahrstag des Jahres i 999 mit Sympathie begleitet. Die historischen Fakten sprechen jedoch eine andere Sprache.

Bereits etwa 2 Monate nach dem Sieg der cubanischen Revolution setzte die US-Administration eine sogenannte ,ad-hoc-Kommission« aus Politikern, Spezialisten, Geheimdienstexperten und Militärs ein, die die veränderte Lage auf der Zuckerinsel im ,Hinterhof der USA« untersuchen sollte. Bereits nach wenigen Wochen stimmten die Analytiker einem Bericht an den US-Präsidenten zu, der eindeutig festhielt, daß die Entwicklungen in Cuba ,gegen die Interessen der USA gerichtet« seien und man daher alle Hebel in Bewegung setzen müsse, um das Rad der Geschichte auch in Cuba zurückzudrehen. Eine bedeutende Rolle sollte dabei dem nordamerikanischen Geheimdienst, der CIA, zufallen. Trotz dem augenfälligen Jubel der Cubaner über den Sturz der Diktatur gingen die Strategen in Washington davon aus, daß nur eine relative Minderheit des cubanischen Volkes die revolutionäre Bewegung Fidel Castros tatkräftig unterstütze, daß die Mehrheit des Volkes eine abwartende, neutrale Haltung einnehme und noch starke, gut organisierte konterrevolutionäre Kräfte vor Ort seien, die nur im Interesse der USA zu aktiviert werden bräuchten. Eine Schlüsselrolle bei einer von der CIA inszenierten Veränderung der Situation kam der Person Fidel Castros zu, den die Analytiker im Hauptquartier des nordamerikanischen Geheimdienstes, in Langley bei Washington, als zentrale, charismatische Figur einschätzten, ohne die die revolutionäre Bewegung ,schnell auseinanderbrechen« werde. Offensichtlich ging man in Washington also davon aus, daß mit Castro auch die cubanische Revolution beseitigt werden würde ...

Die Mordanschläge

Bereits im Dezember 1959 gab der damalige CIA-Direktor Dulles als Konsequenz dieser Analysen grünes Licht für die »Beseitigung« Fidels. »In den ganzen Jahren«, erinnert sich der ehemalige CIA-Direktar John McCone, »wurde das Cuba-Problem mit Worten diskutiert wie 'Castro erledigen', 'Castro beseitigen', 'mit Castro ein Ende machen' usw. (...)« Es blieb dann auch nicht bei leeren Worten: Der US-Senatsausschuß, der die Attentatspläne der CIA gegen mißliebige ausländische Politiker untersucht hat, spricht von Beweisen für mindestens acht Attentate gegen Fidel Castro von 1960 bis 1965. Fidel selbst spricht von 24 Attentatsversuchen bis zum Jahr 1976. Und die Versuche, den cubanischen Revolutionsführer zu ermorden, halten bis heute an; doch darüber später mehr ...

Sämtliche Attentatsversuche auf Fidel Castro, so phantastisch sich einige auch anhören mögen, beruhten auf einer Grundannahme: Die cubanische Revolution müsse enthauptet, müsse ihres Führers beraubt werden, um sie dann anschließend völlig zurückdrehen zu können. Für die Koalition aus United Fruit, Spielhöllen-Mafia und CIA war eines klar: sie wollten Cuba dem cubanischen Volk nicht kampflos überlassen und die »Beseitigung« Fidel Castros war nur ein erster, aber entscheidender Schritt zur Wiedererlangung der alten liebgewonnenen Positionen. Und wie man so etwas bewerkstelligt, das hatte die CIA im Jahre 1954 mit glänzenden Erfolg in Guatemala vorexerziert. Das Rezept war einfach: Man erkläre eine mißliebige Regierung zu einer »marxistisch-leninistischen Diktatur«, rüste eine Armee aus Exilanten und Söldnern aus und setze sie zur ,Wiederherstellung von Freiheit und Demokratie« in Marsch. Gleichzeitig präsentiere man der Weltöffentlichkeit die eigene weiße Weste. So geschehen 1954 in Guatemala, und so sollte es sich - nach Plänen der CIA 1961 in Cuba wiederholen.

Damit sind die Blaupausen für das konterrevolutionäre Konzept gezeichnet, die der von der CIA gelenkten Invasion in der Schweinebucht zugrunde lagen. Am 17. April 1961 begann die Landeoperation der CIA und ihrer ausgehaltenen exil-cubanischen Söldner in der ,Bay of Pigs«, bereits am 19. April war die Invasion buchstäblich am Widerstand des cubanischen Volkes zerschellt. Wiederum hatten die PIaner der CIA einen entscheidenden Faktor falsch eingeschätzt: die überwältigende Unterstützung der Cubaner für ihre Revolution und ihre Bereitschaft, diese auch unter Einsatz aller Mittel zu verteidigen. Tatsächlich waren die CIA und ihre exil-cubanischen Truppen davon ausgegangen, daß die Landeoperation nur der Signalschuß für einen landesweiten, konterrevolutionären Aufstand werden würde. Man erwartete, an Land von jubelnden Cubaner begrüßt zu werden - statt dessen empfingen die Cubaner die Invasoren mit Gewehren und Macheten und schlugen ihre Invasion zusammen!

Doch Langley gab nicht auf

Im Weißen Haus und in den Planungsstäben der CIA herrschte Katerstimmung. Das hieß jedoch keineswegs, daß man die cubanische Revolution künftig unbehelligt lassen würde. Klar war nur, daß man aus dem Schweinebucht-Desaster Konsequenzen ziehen und nach neuen Wegen suchen mußte, endlich »in Sachen Cuba« zu Ziel zu gelangen. Mit dieser Aufgabe betraute der damalige US-Präsident Kennedy seinen Bruder Robert und General Maxwell Taylor.

»Wir sind ganz allgemein zu der Auffassung gelangt«, so der General in einem Bericht an den Präsidenten, »daß auf die Dauer ein Zusammenleben mit Castro als Nachbar nicht möglich ist. (...) Es wird empfohlen, eine Neueinschätzung der cubanischen Situation im Lichte aller gegenwärtig bekannten Faktoren vorzunehmen und neue Richtlinien für politische, militärische, ökonomische und propagandistische Maßnahmen gegen Castro zu schaffen.« Der sogenannte »Taylor-Report« wurde zur Grundlage für einen neuen Geheimplan zur Liquidierung der cubanischen Revolution, Codename: »Operation Mongoose«. Im Herbst 1961 waren die Planungen abgeschlossen. Verantwortlich zeichneten der Assistent des Präsidenten, Richard Goodwin, und General Edward Lansdale. Die Wahl war vor allem deshalb auf Lansdale gefallen, weil er in Vietnam auf dem Gebiet der Guerillabekämpfung reichlich Erfahrung hatte sammeln können. Lansdale wurde später von Präsident Kennedy die Leitung der »Operation Mongoose« übertragen. Im Januar 1962 legte Lansdale einen 32 Punkte umfassenden Destabilisierungsplan vor. Er bestand aus einer Auflistung von Spionageaktivitäten, Propaganda- und Sabotageoperationen, die schließlich in einen ,Volksaufstand gegen Castro« münden sollten. Am 20. Februar präsentierte Lansdale einen Stufenplan für »Operatian Mongoose«, in dem der 22. Oktober als Stichtag für die Entfesselung eines bewaffneten Aufstandes angegeben wurde, der zum Sturz der revolutionären Regierung auf der Insel führen sollte. Vorausgehen sollten gezielte Attentate auf führende cubanische Persönlichkeiten. »Operation Mongoose« war damit im Gegensatz zum Landeunternehmen an der Schweinebucht ein wesentlich umfassenderer Plan, der alle Elemente konterrevolutionärer Aktivitäten beinhaltete und in Stufen gegliedert war - von Propaganda- und Desinformationstätigkeiten, über gezielte Sabotageunternehmungen und Mordanschläge bis schließlich hin zum »bewaffneten Aufstand«. Und - er sollte in einem kurzen, überschaubaren Zeitraum zum Erfolg führen.

Dementsprechend massiv war auch der Einsatz von Menschen und Material seitens der CIA. In der CIA-Zentrale selbst wurde eine Einsatzgruppe von insgesamt 400 Leuten zusammengestellt, die direkt dem Sonderstab der Leitung von »Operation Mongoose« unterstand. Als vorgeschobene logistische Operationsbasis diente die CIA-Station in Miami unter der Code-Bezeichnung JM/WAVE und nur wenige Kilometer von den Küsten Cubas entfernt gelegen. JM/WAVE konnte über die bereits zu damaligen Zeiten astronomische Summe von 500 Millionen US-Dollar pro Jahr verfügen, eine, wie sich herausstellen sollte, gigantische Fehlinvestition.

Mit diesem ungeheuren materiellen Aufwand wurden mehr als 50, streng getarnte und nach außen hin zumeist unverfängliche Firmen und Institutionen förmlich aus dem Boden gestampft, deren einziges Ziel es war, als logistisches Rädchen im Getriebe der gegen Cuba gerichteten Konterrevolution zu dienen. Zu diesem Geflecht an Firmen und Institutionen gehörten solche, die gezielte Sabotageaktionen gegen die Insel oder den Cuba versorgenden Schiffsverkehr abdeckten, wieder andere waren darauf spezialisiert, kleine Propagandaeinheiten und Gruppen von exil-cubanischen Söldnern »im Feindesland« abzusetzen oder aber die Verbindung mit im Untergrund tätigen Zellen zu halten. Dazu gehörte aber auch der Aufbau einer Radiostation, »Radio Swan«, deren Aufgabe es war, gezielt Propaganda- und Desinformationssendungen in Richtung Havanna zu senden; somit kann »Radio Swan« mit Fug und Recht als Vorläufer des berüchtigten »Radio Martí« bezeichnet werden, das heute die gleiche Rolle mit weitaus größeren technischen Möglichkeiten spielt.

Psychokrieg und Killerkommandos

Der psychologische Krieg gegen Cuba spielte sich in den vielfältigsten Formen ab. Eine der Aktionen war »Operation Fantasma«. Über den Städten Camaguey, Cienfuegos und Matanzas wurden Flugblätter abgeworfen, in denen die Bevölkerung zur Sabotage aufgefordert wurde. Der Pilot Robert Thompson kehrte von einem dieser Einsätze nicht zurück. Seine Witwe erhielt 500 US-Dollar von der nordamerikanischen Regierung ...

Im Rahmen der »Operation Mongoose« hatte es eine ganze Reihe von Anschlägen und Sabotageakten gegeben. Brücken flogen in die Luft, Nachrichtenverbindungen wurden unterbrochen, Produktionsstätten, darunter eine wichtige Kupfermine, wurden gesprengt. Edward Lansdale selbst hat das vor dem Senatsuntersuchungsausschuß ausgesagt. Es wurde jedoch immer offenkundiger, daß die Regierung Fidel Castros mit derartigen Mitteln nicht zu stürzen war und der erhoffte »Volksaufstand« ausblieb, im Gegenteil die Bevölkerung viele Sabotageakte verhinderte und zu ihrer Revolution weiterhin stand. Die Regierung Kennedy zog daraus die Konsequenz, daß die Aktivitäten im Rahmen der »Operation Mongoose« zu verstärken seien. Doch der Sonderstab des Nationalen Sicherheitsrates winkte ab. General Taylor soll dem Präsidenten erklärt haben, daß die Aussichten auf einen »hausgemachten« Putsch in Cuba gleich null seien.

Das klägliche Scheitern von »Operation Mongoose« bedeute jedoch nicht, daß der nordamerikanische Geheimdienst seine Aktivitäten gegen die cubanische Revolution einstellte. Insbesondere Sabotageakte gegen die cubanische Wirtschaft wurden als flankierende Maßnahmen zum ökonomischen Embargo verstärkt. Der CIA ist jedoch keine Barbarei zu barbarisch, um Mafia, Bordell- und Spielhöllensyndikate, United Fruit und andere Konzerne wieder in den Genuß ihrer cubanischen Pfründe zu bringen. Am 6. Oktober 1976 nähert sich eine Linienmaschine der zivilen cubanischen Fluggesellschaft, von Venezuela kommend, der Karibikinsel Barbados. Die zahlreichen Badegäste, die an jenem Tag die Strände von Barbados bevölkern, packt das nackte Entsetzen, als sie mit ansehen müssen, wie zwei gewaltige Explosionen die Maschine in der Luft zerreißen. Die Wrackteile stürzen ins Meer. Keiner der Insassen - Passagiere und Mannschaft - überlebt. Die Bilanz: 73 Tote. Die Verantwortlichen: Die beiden Venezulaner Hernan Ricardo Lozano und Freddy Lugo sowie die beiden cubanischen Konterrevolutionäre und CIA-Agenten Luis Posada Carriles und Orlando Bosch Avila. Sie hatten die Bomben an Bord des cubanischen Verkehrsflugzeuges geschmuggelt. Luis Posada Carriles war 1961 von der CIA rekrutiert worden und hatte unter Anleitung von JM/WAVE in Miami Operationen gegen Cuba durchgeführt. Hernan Ricardos Anwerbung geschah 1974, und zwar durch den CIA-Agenten Felix Martinez Suarez. Hernan Ricardo wiederum hatte Freddy Lugo angeworben.

Der Krieg der CIA und die »Wende« von '89

Der Zusammenbruch der sozialistischen Länder Ost-Europas bedeutete für die cubanische Revolution eine dramatische Veränderung der Situation. Buchstäblich von heute auf morgen verschwanden nicht nur wichtige politische und militärische Partner, mehr als 80% des Außenhandels brachen weg. Cuba fiel urplötzlich in eine dramatische wirtschaftliche Situation. Dies ließ die Sektkorken in den CIA-Etagen und unter exil-cubanischen Contra-Kreisen knallen; man sah sich schon fast am Ziel aller Träume, dem Sturz der cubanischen Revolution. Zunächst war es auch tatsächlich die Einschätzung der Analytiker des nordamerikanischen Geheimdienstes, daß die cubanische Revolution angesichts der schier unlösbaren wirtschaftlichen Probleme praktisch von innen heraus implodieren würde; die letzte Richtung im Sinne der Durchsetzung der US-lnteressen auf der Insel würde dann schon die hochorganisierte Truppe von Exil-Cubaner in Miami besorgen ...

Doch wieder einmal hatte der nordamerikanische Geheimdienst seine Rechnung ohne das cubanische Volk gemacht, das sich zur Verwunderung der Strategen in Langley und ihrer Helfer in Miami eben nicht gegen die Revolution erhob, sondern diese nach wie vor und unter schwierigsten Bedingungen verteidigte.

So begann die CIA spätestens Ende 1990, Alternativen zu entwickeln, die vor allem auf den langsamen und systematischen Aufbau einer ,unabhängigen Opposition« auf der Insel setzen. Dieses Konzept wird aus dem Brief des CIA-Agenten Carlos Alberto Montaner deutlich, den dieser an seine (wenigen) Anhänger auf Cuba schmuggelte:

»(...) Kurz gesagt, ich möchte, daß Ihr folgendes durchdenkt: die baldige Schaffung einer Cubanischen Demokratischen Plattform im Land, nicht als Anhang oder Abzweig dessen, was wir im Exil geschaffen haben, sondern im Gegenteil - als Hauptinstanz, als Kopf der Institution, wobei wir zu Delegierten des zentralen Kerns der Insel im Ausland werden würden. (...)

Durch das Vereinen der Liberalen, Christdemokraten und Sozialdemokraten an einem Tisch könnte die Plattform zu ihren Gunsten - zu Gunsten der Freiheit Cubas - die Aufmerksamkeit Hunderter politischer Parteien der ganzen Welt erlangen. So könnte auch jetzt der Weg freigemacht werden bis zur Hilfe, die europäische Stiftungen für politische Zwecke leisten. (...) Der Kontakt zwischen der Plattform und der internationalen Welt brächte, abgesehen vom ökonomischen Rückhalt, auch andere konkrete Vorteile: Zugang zu Regierungen, Parlamenten und akademischen Institutionen, mit dem Ziel, diese auf unseren politischen Kurs zu bringen, Zugang zu Kommunikationsmedien, die mit politischen Gruppen verbunden sind, des weiteren die Möglichkeit der Einflußnahme auf die Machtzentren, die in irgendeiner direkten Beziehung zu Cuba stehen: Washington, Madrid, Caracas, Mexiko etc. (...)

Auf alle Fälle muß die politische Opposition auf der Insel gestärkt werden, sowohl, um jetzt Castro auf dem Gebiet des bürgerlichen Kampfes zu begegnen, als auch später seinem Nachfolger, falls er mit Gewalt gestürzt wird.«

Mit diesem Schreiben werden die Elemente der CIA-Strategie recht klar umrissen:

1) die zersplitterte »Opposition« muß vereint werden, um als schlagkräftige »5. Kolonne« in Cuba im Interesse der USA und ihrer CIA tätig werden zu können;

2) sie muß sich ein bürgerlich-demokratisches Mäntelchen umhängen (ohne jemals jedoch die Option des »bewaffneten Aufstandes« völlig zu verdrängen), um international akzeptiert zu werden;

3) daher darf sie nicht mit den exil-cubanischen Terroristen identifiziert werden, die auf der Insel selbst, aber auch im Ausland diskreditiert und isoliert sind;

4) die Strategie beruht auf der Erkenntnis, daß diese Art von »unabhängiger«, gegen das System gerichteter »Opposition« noch schwach ist.

Letzteres bestätigt auch die ,Neue Züricher Zeitung«, der gewiß kaum Sympathien mit der cubanischen Revolution nachgesagt werden können, in einen Grundsatzartikel am 27. Februar 1996 unter der Überschrift »Das Elend der cubanischen Opposition«: ,(...) die Geschichte der Opposition in Cuba in den vergangenen dreißig Jahren (gleicht) einem Trauerspiel. Da die vielen Einzelströmungen unter sich zerstritten sind und sich ständig spalten oder auflösen, geht ihnen jegliche politische Bedeutung ab.«

Die »europäische Strategie« oder die Zange schließt sich

Während der nordamerikanische Geheimdienst also vor allem auf den Aufbau einer externen, außerhalb des cubanischen Systems stehenden Opposition baut, setzen Strategen in Europa, die sich im grundsätzlichem Ziel, der Zerschlagung der cubanischen Revolution, mit ihren nordamerikanischen Freunden einig sind, auf einen sogenannten »Normen- und Wertewandel« innerhalb des Systems, einschließlich der in Cuba regierenden Kommunistischen Partei. Entsprechende Erfahrungen haben sie ja bereits in Ost-Europa erfolgreich durchexerzieren können, wo sie aktiv halfen, regierende Kommunisten zu Sozialdemokraten und/oder konservativen Bürgerlichen als Voraussetzung für einen Systemwechsel mutieren zu lassen.

Eine besondere Rolle bei der Förderung dieses »Normen- und Wertewandels« innerhalb des sozialistischen Systems Cubas kommt dabei privaten oder Parteinahen Stiftungen zu. Greifen wir als Beispiele die Rolle zweier Stiftungen aus der Bundesrepublik heraus, der CSU-treuen »Hanns-Seidel-Stiftung« sowie der SPD-kontrollierten »Friedrich-Ebert-Stiftung«.

Beide Stiftungen haben gerade in den letzten Jahren eine rege Betriebsamkeit auf der Zuckerinsel entwickelt und der Charakter der Aktivitäten beider Stiftungen zielt im wesentlichen auf den bereits erwähnten »Werte- und Normenwandel« innerhalb des gesellschaftlichen und politischen Systems Cubas als Voraussetzung für einen prinzipiellen Systemwandel.

So heißt es in einem Dokument der »Hanns-Seidel-Stiftung« aus dem Jahre 1996: »Die Zielsetzung der »Hanns-Seidel-Stiftung' ist, zu einem friedlichen Entwicklungsprozeß beizutragen, der politische und wirtschaftliche Reformen beinhaltet und die Aussöhnung Cubas mit seinem Exil, soweit dieses für gewaltfreien Wandel eintritt, fördert.« Damit wird der Hauptschwerpunkt der Tätigkeit der CSU-Stiftung recht klar umrissen: den »Normen- und Wertewandel« erstrebt sie durch eine Art von Brückenfunktion, die sie zwischen exil-cubanischen (konterrevolutionären) Kreisen, außerhalb des Systems stehenden Oppositionellen in Cuba und Vertretern des politischen wie gesellschaftlichen Systems auf Cuba zu erfüllen sucht. Damit soll jene »zivile bürgerliche Gesellschaft« als gesellschaftliche Alternative zum sozialistischen System bereits innerhalb dieses Systems aufgebaut werden, die dieses - ähnlich wie in Osteuropa - langsam, aber stetig erodieren lassen soll. Ökonomische Basis für diese alternative, zum Kapitalismus hin orientierende »zivile bürgerliche (Gegen-)Gesellschaft« werden innerhalb dieser Konzeption die in Cuba entstehenden privaten Kleinunternehmer, Bauern und Gewerbetreibende aus dem Dienstleistungssektor sein. Dementsprechend schreibt die »Hanns-Seidel-Stiftung«: »Als neue Arbeitslinie sind Fortbildungsveranstaltungen für Kleinunternehmer in Cuba geplant.«

Seit 1990 organisierte die CSU-Stiftung entlang dieser Zielsetzung 18 Seminare mit rund 1.200 Teilnehmern in Cuba (eine auf der Insel nicht zu unterschätzende Zahl!) und 20 Veranstaltungen mit fast 2.000 exil-cubanischen Teilnehmern in den USA oder in Venezuela. Als ideologisches Sprachrohr dient der »Hanns-Seidel-Stiftung« die Unterstützung der Herausgabe der Monatszeitschrift »Contrapunto«, die auch in Cuba unter Intellektuellen und Entscheidungsträgern kursiert und die »friedliche Systemänderung« zum Ziel hat.

Die »Friedrich-Ebert-Stiftung« der SPD ist hierzu faktisch komplementär tätig. Sie konzentriert sich bei ihrer Tätigkeit hauptsächlich auf die cubanische Entscheidungselite innerhalb des politischen wie wirtschaftlichen Systems, wobei festzustellen ist, daß sie besonderen Wert auf die jüngere Generation an Cubanerlnnen legt. Ankerpunkt ihres Herangehens ist eine realistische, grundlegende Einschätzung der Situatien vor Ort, die sie bereits 1993 in einem Grundsatzpapier festhielt: »Trotz Wirtschaftskrise ist die Unterstützung für Castro größer als man im Ausland glauben möchte; für eine wirksame Systemopposition fehlt der Handlungsspielraum; das Warten auf einen Volksaufstand ist inhuman und unrealistisch;// Aus den Reihen der Exilcubaner sind positive Impulse für einen demokratischen Wandel nicht zu erwarten; Feindseligkeiten fördern Bunkermentalität und engen potentielle Freiraume ein; (...).« Und wo die Reise hingehen soll, daß steht einige Seiten weiter in dem Papier: »Ein interessantes Phänomen mit möglicherweise weitreichenden Implikationen ist ein Normen- und Wertewandel, der im Managementbereich festzustellen ist. Ob im gemischten Management von 'empresas mixtas', ob durch Schulungen im kapitalistischen Ausland, oder durch ausländische Consultants (Berater, d. Red.) im Inland induziert: Cubanisches Führungspersonal scheint eine Affinität zu marktwirtschaftlichen Managementmethoden zu entwickeln. » Dementsprechend sehen auch einige Programmpunkte für die Aktivitäten der SPD-Stiftung im Jahre 1997 auf Cuba aus: »Ausbildungskurs in internationaler Wirtschaft für Angehörige der cubanischen Verwaltung«, »lnternationaler Kongreß 'Cuba - emerging market von morgen'«, »Entsendung eines Experten zum Thema 'Staat in der sozialen Marktwirtschaft'«, »lnternationales Seminar 'Weltmarktintegration und die Rolle Cubas'«.

Für die SPD mag das Ziel ihrer Bemühungen »demokratischer Sozialismus« heißen, die CSU nennt das Kind »demokratischer Wandel« - beides Iäuft auf einen grundsätzlichen Systemwandel, auf die Zerschlagung des Sozialismus in Cuba hinaus ...

Trojanische und andere Pferde

Der cubanischen Revolution scheinbar und tatsächlich freundlich und solidarisch gegenüber eingestellte Organisationen, Stiftungen, Strukturen etc. werden ebenfalls eingesetzt, um die Revolution von innen heraus zu zersetzen. Hierfür sollen einige Beispiele nur angerissen werden, um den Charakter dieser Operationen aufzuzeigen:

* Für den 21. Februar 1997 hatte die christliche Stiftung »pax christi« zu einem ersten Treffen der »Europäischen Plattform für Demokratie und Menschenrechte in Cuba« in Holland eingeladen. Den Vorsitz dieser Tagung hatte - laut Einladung - Frau Merkel, Vertreterin der »Heinrich-Böll-Stiftung« in Berlin, die bekanntlich den bundesdeutschen GRÜNEN nahesteht. Insider wissen zu berichten, daß ein Kernpunkt der Diskussionen u.a. war, gezielt sogenannte »Menschenrechtsgruppen« in Cuba zu unterstützen und diese ggf. in der Zukunft bei einer zugespitzten Situation zu bewegen, europäische Botschaften zu besetzen, um auf diese Weise Druck auf die cubanische Regierung »in Sachen Menschenrechte« auszuüben.

*Gerade in den vergangenen Jahren sind verstärkt Bemühungen der CIA zu beobachten, Aktivisten der weltweit tätigen Cuba- Solidaritätsbewegung zu rekrutieren. Seriösen Quellen zufolge laufen derzeit die Vorbereitungen des nordamerikanischen Geheimdienstes auf Hochtouren, die im Sommer diesen Jahres in Cuba stattfindenden Weltjugendfestspiele im Sinne einer »Propagandaoffensive vor Ort« zu nutzen. CIA-Analytiker sehen in diesen Weltjugendfestspielen »eine hervorragende Möglichkeit, dem cubanischen Regime Diskussionen über Menschenrechte und Demokratie aufzuzwingen, die es im größeren Umfang bisher immer erfolgreich verhindert hat. Dabei sollte besonderer Wert darauf gelegt werden, alle Initiativen zu unterstützen, die eine Aufwertung der Menschenrechtsgruppen in Cuba durch ein Maximum an politischen Kontakten mit Gruppen aus dem Ausland ermöglichen«.

*Der nordamerikanische Geheimdienst nutzt derzeit verstärkt Kontakte aus, die das »Nach-Aparteid-Südafrika« mit Cuba zu pflegen beginnt. Teile der »neuen« südafrikanischen Geheimdienststrukturen stehen faktisch unter Kontrolle der CIA. In diesem Sinne sollen alte Freundschaften zwischen dem ANC und Cuba sowie die cubanische Sympathie für das »neue Südafrika« ausgenutzt werden, um Sonderoperationen gegen die cubanische Revolution durchzuführen. Zu dieser Art von Sonderoperationen gehören gerade in jüngster Zeit wieder verstärkt Bemühungen, Fidel Castro zu ermorden.

Militärische Lösung nicht ausgeschlossen

Sollten Wirtschaftsblockade und ökonomischer Boykott sowie die bereits beschriebenen Destabilisierungsmaßnahmen zu eine Situation in Cuba führen, die die US-Strategen als »Chaos« interpretieren, dann haben - laut einem Strategieartikel führender US-Militärs aus dem Jahre 1994 (siehe dazu ausführlicher: GEHEIM, Nr. 2/94) - die Strategen in Washington bereits Einsatzpläne ausgearbeitet: Dieses »Chaos könnte eine Entscheidung der US-Regierung zur Folge haben, für Stabilität zu sorgen und Hilfe für den Übergang zur Demokratie zu leisten. (...) Die jüngsten Erfahrungen in Panama, Somalia und Kurdistan zeigen, daß die Armee (die US-Armee, d. Red.) bei einer möglichen Stationierung in Cuba eine vertiefte Struktur erwägen sollte. (...) Die US-Armee könnte aufgefordert werden, in einer besonders emotional aufgeladenen Atmosphäre juristische Beratung und das polizeiliche Management der Kontralle von Besitzansprüchen bereitzustellen. (...) Die Verwicklung in das cubanische System der Registrierung und Gültigkeit von Immobilienansprüchen mag von manchen als besonders unangenehme Aufgabe einer Besatzungsmacht angesehen werden.«

Im Detail werden in dem Papier zudem die zu erwartenden Maßnahmen zur »Friedenserzwingung« bis hin zu »Anti-Guerilla-Operation« als Antwort der US-Militärs auf den von ihnen erwarteten Widerstand des cubanischen Volkes durchgespielt. Deshalb, so schreiben es die Strategen der US-Army, dürft keinesfalls etwas vergessen werden: »Gräber registrieren!«

Anmerkungen:

(1) Das Pseudonym Enrique Bermudez steht für einen lateinamerikanischen Revolutionär und Internationalisten, der als Berater für verschiedene Befreiungsbewegungen Mittel- und Lateinamerikas tätig war/ist

(2) Das Pseudonym Jack Umshini Wkubhala steht für einen ehemalig an führender Stelle tätigen Aktivisten der südafrikanischen Befreiungsbewegungen gegen das Apartheid-Regime

Bermudez, Enrique/Opperskalski, Michael/Wkubhala, Jack Umshini


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