Logo Geheim 1/1997

»Die revolutionäre Wachsamkeit wird niemals vernachlässigt werden« 1)
Schwerpunktthema: Cuba

»Dank des Handelns des sozialistischen Staates wurde trotz der Wirtschaftskrise in Cuba nicht eine einzige Schule, nicht ein Krankenhaus, Kindergarten und Seniorenheim geschlossen ...«

»Selten war eine Sitzung unseres Zentralkomitees so notwendig und bedeutend wie in diesem Moment.

Einem Moment, in dem unser Volk bewiesen hat, wieviel Geduld und Realitätssinn es aufzubringen in der Lage ist, und wieviel Standhaftigkeit und Entschlossenheit, seine Souveränität und sein Hoheitsgebiet zu Luft und zu Wasser zu verteidigen.

Einem Moment, in dem es zu einer äußerst angespannten Situation in den Beziehungen zwischen Cuba un den USA gekommen ist, nachdem das ungeheuerliche Helms-Burton-Gesetz in Kraft getreten ist - ein Machwerk der reaktionärsten Kräfte, die in diesem Lande mit dem Aufschwung der neofaschistischen Ideologie immer dominierender werden. Im Inland verschlimmern sich die Lebensbedingungen der Armen, vor allem der Schwarzen, der Hispano-Amerikaner und der Einwanderer, und im Ausland beabsichtigen sie, allen Nationen der Welt die absolute Vorherrschaft der US-amerikanischen Multimillionäre aufzuzwingen. Die anticubanische Mafia aus Miami, die ebenfalls Verfechter dieser Ideologie ist, ist der geeignete Lakai für diese Mission, mit der Washington die Zurückeroberung Cubas erleichtert werden soll - eine niederträchtige Aufgabe, die ihnen mit der Rückgabe ihrer ehemaligen Besitztümer vergütet werden soll, die sich heute in den Händen ihres rechtmäßigen Eigentümers befinden, in den Händen des kubanischen Volkes, das sie mit Mehrwert, Schweiß und Blut geschaffen hat.

Dieses Gesetz bedeutet für Cuba nicht nur die Verschärfung der grausamen Blockade, unter der wir bereits seit mehr als 35 Jahren leiden, sondern es geht sogar über einen offenen und erklärten Wirtschaftskrieg hinaus. Es ist ein detaillierter Aktionsplan für den Versuch, unser Volk auf kriminelle Weise durch Hunger und Krankheiten zur Aufgabe zu zwingen. Dieses Gesetz zur Versklavung beabsichtigt, jene Bevölkerungsschichten, die als die anfälligsten angesehen werden, durch die Verstärkung der Propagandasendungen und anderer Mittel der ideologischen Unterwanderung, die im sogenannten Track Two (Teil Zwei des Toricelligesetzes) enthalten sind, zu betrügen, irrezuführen und zu entwaffnen. Es beabsichtigt, Gründung und Wachstum kleiner Organisationen von Verrätern im Lande anzuregen und zu finanzieren, deren Anführer in einigen Fällen, dank der mächtigen US-amerikanischen Massenmedien, in einem Teil der Welt als Führer einer angeblichen großen Dissidentenbewegung, die nur in ihren Fieberträumen existiert, zu bekannten Figuaren werden. (...)

Konsequenzen des Zusammenbruchs des sozialistischen Lagers

Die wirtschaftliche Lage, die abrupt entstand, als zu der US-amerikanischen Blockade noch der Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und die Auflösung der Sowjetunion hinzukamen, zwang uns, im Laufe der letzten fünf Jahre eine Reihe von Schritten zu unternehmen (...). Diese Schritte haben zu Änderungen im Schoße unserer Gesellschaft geführt, denen wir bewußt entgegensahen. (...)

Die selbstständige Arbeit ist mittlerweile zur Beschäftigung und zum Lebensunterhalt von 200.000 Bürgern geworden, die ihr Gewerbe entsprechend angemeldet haben. Und es ist offensichtlich, daß ihre eigentliche Zahl noch viel größer ist, denn Tausende üben ihr Gewerbe auf die eine oder andere Art ohne die erforderliche Legalisierung aus. Die selbständige Tätigkeit wird in unmittelbarer Zukunft noch zunehmen. (...)

Die Psychologie der Privatproduzenten und selbstständig Tätigen, die sich aus deren Tätigkeit mit persönlichem oder familiären Gepräge und dem Ursprung ihrer Einkommen - dem privaten Handel mit Erzeugnissen oder Dienstleistungen, die sie anbieten - ergibt, neigt im allgemeinen zum Individualismus und ist nicht Ursprung sozialistischen Bewußtseins.

Die negativen Folgen, die durch die selbstständige Tätigkeit hervorgebracht werden, sind nicht wenige, wie z.B. die Stimulierung alter und die Förderung neuer Kriminalität, die Begünstigung der übermäßigen Bereicherung in der gegenwärtigen Lage der Versorgungsengpässe, die Herausbildung von Grundlagen für Zusammenschlüsse, Vereinigungen und organisiertem Handeln, die im Widerspruch zum Staat stehen, oder die Schaffung eines Nährbodens für subversive Tätigkeiten des Feindes. (...)

Die Periodo Especial 2) bedeutete nicht nur Ausfall oder Reduzierung der Arbeit für Hunderttausende von Erwerbstätigen, die in staatlichen Betrieben angestellt sind, sondern auch die Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit, die mit jährlich steigenden Zahlen Zehntausende betrifft, diejenigen, die das arbeitsfähige Alter erreichen, die aus dem Wehrdienst ausscheiden und Hochschulabsolventen ohne Anstellung.

Dieses Phänomen, das in den vergangenen 25 Jahren im Lande unbekannt war, hatte gewaltige Auswirkungen auf einen Teil der Jugendlichen, deren psychosoziale Charaktersitik in diesen frühen Jahren allgemein bekannt ist, und führte Tausende von ihnen, denen es an Perspektive und am nötigen patriotischen Bewußtsein mangelte, auf den Weg der Auswanderung aus wirtschaftlichen Gründen, wozu sie durch die Rundfunksender Miamis und die Bevorzugung bei der Aufnahme, die die USA mehr als 35 Jahre lang aufrechterhielt, ermutigt werden. (...)

Neuartige Pobleme

Die gesetzliche Freigabe des Devisenbesitzes - ebenfalls ein neuartiges Problem - ermöglicht es, daß eine zunehmende Zahl von Personen Geldsendungen von ihren im Ausland lebenden Familienangehörigen erhalten. Und aufgrund der hohen Kaufkraft von ausländischen Devisen im Vergleich zum cubanischen Peso wird es den Empfängern dieser Geldsendungen ermöglicht, eine bessere wirtschaftliche Stellung zu erlangen. Dies stellt einen Faktor der Ungleichheit im Vergleich zum Rest der Bevölkerung dar. Es begünstig außerdem die Propaganda zugunsten der US-amerikanischen Konsumgesellschaft und übt einen direkten negativen Einfluß auf die Empfänger dieser Geldsummen aus.

Wir dürfen nicht übersehen, daß der zunhemende legale Zugang zu Devisen, einschließlich des US-Dollars, dazu führt, Veränderungen einiger Wertvorstellungen von Angehörigen bestimmter Schichten der Gesellschaft, z.B. der Jugend, hervorzurufen. So kommt es vor, daß sich manche entscheiden, wichtige Arbeitsstellen aufzugeben (Lehrer, Ingenieure, usw.), um einen weniger qualifizierten Arbeitsplatz im Tourismus anzunehmen, mit dem sie einige ihrer gegenwärtigen Engpässe lösen können, selbst wenn sie damit dem Land ihre Kenntnisse in so notwendigen und aufopferungsvollen Tätigkeiten, wie die oben erwähnten, vorenthalten. (...)

Die Entwicklung des Tourismus, der Zustrom tausender Ausländer, die jedes Jahr unser Land besuchen, ist ein weiteres Phänomen, das einen unbestreitbaren Einfluß auf unsere Bevölkerung hat. Natürlich sind Touristen in der Regel Reisende, die etwas kenennlernen und sich erholen wollen. Und zweifellos bringen eine Reihe von ihnen mit ihrem Besuch ihre Sympathie für Cuba und sein Volk zum Ausdruck, ohne daß man dabei außer acht lassen darf, daß sie, aus dem Kapitalismus kommend, Träger der Ideen der Konsumgesellschaft sind. Es ist klar, daß der Einfluß wechselseitig wirkt, wie es in allen gesellschaftlichen Beziehungen der Fall ist.

Es besteht kein Zweifel daran, daß dies für uns eine Herausforderung darstellt. Die Erscheinung des jinterismo (der Prostitution im weiteren Sinne) ist das sichtbarste und erniedrigendste Resultat dieses Phänomens, doch sie ist nicht die einzige negative Folge, die uns der Tourismus bringt. Vom Gesichtspunkt der ideologischen Penetration aus gesehen, ist, in gewissem Maße und in bezug auf bestimmte Personenkreise, der Besuch von in den USA lebenden Cubanern bei ihren Familien in Cuba und umgekehrt zweifellos nachteilig. (...)

Zunehmende Präsenz ausländischer Kapitalisten

Die zunehmende Präsenz ausländischer Kapitalisten, die Gemeinschaftsunternehmen in Cuba gründen, hinterläßt ebenfalls ihre Spuren im Bewußtsein unserer Arbeiter. In der Mehrheit der Fälle werden in den Grundlagen für den wirtschaftlichen Zusammenschluß von unserer Seite aus bestimmte Klauseln festgelegt, die die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung positiv beeinflussen, was nur natürlich ist. Aus dem positiven Element dieses Phänomens, das Cuba verteidigt, könnte ein einfach denkender Mensch schließen, die Behandlung, die der Kapitalist seinen Arbeitern zukommen läßt, sei besser als die, die ihnen der sozialistische Staat in seinen Betrieben bietet, und daher sei der Kapitalismus besser oder zumindest gar nicht so schlecht, wie wir ihn darstellen. Damit werden diese Art von Unternehmen zum Brennpunkt der Attraktion und Bewunderung. Dadurch könnte das Bewußtsein eines Teils unserer Arbeiter, und im gleichen Maße ihr patriotischer und antikapitalistischer Geist, geschwächt werden. Ein weiterer Aspekt, der zu beachten ist, ist die Möglichkeit, daß cubanische Funktionäre bei der Abwicklung von Geschäften mit den ausländischen Firmen eine nur unzureichende Verteidigung der nationalen Interessen vornehmen, bis hin zur Korruption. Bittere Erfahrungen haben wir bereits machen müssen. Die Bestechung und die Korruption sind Erscheinungen, die den Geschäften im Kapitalismus innewohnen.

Gewisse ausländische Firmen verlegen sich ganz besonders darauf, den Angehörigen der staatlichen cubanischen Gegenseite Verkaufsprovisionen, Geschenke, Geldsummen usw. anzubieten. Dazu kommt die Unerfahrenheit unserer Funktionäre in geschäftlichen Verhandlungen und die spärlichen Wirtschaftskontrollen, die wir durchgeführt haben.

Wir müssen unterstreichen, daß die korrupten Elemente Funktionäre mittlerer oder unterer Ebene waren.

Die Arbeitslosigkeit und die Mangelerscheinungen bringen asoziale Elemente und die Kriminalität zum Ansteigen, wie es der Fall des jinterismo und der Zuhälterei als dessen Folgeerscheinung ist. Der Kampf gegen diese Elemente geht weiter, auch wenn wir noch weit davon entfernt sind, ihn gewonnen zu haben.

Das aktuelle Bild der Gesellschaft wäre nicht vollständig, wenn wir nicht auf die Nöte eingehen würden, die die große Mehrheit unseres Volkes in diesen Jahren der Periodo Especial durchgemacht hat und noch durchmacht. Das Fehlen von Nahrungsmitteln, die Stromabschaltungen, die Transportprobleme, das völlige Fehlen des Verkaufs von Kleidung und Schuhwerk, die Verschlimmerung des Wohnungsproblems (ein Phänomen, das schon früher auftrat und für dessen generelle Lösung wir große Investitionen tätigten, die mit Beginn der Periodo Especial jäh unterbrochen wurden), die Verringerung der Reperaturdienstleistungen für Elektrogeräte und andere Haushaltsgeräte, die schon vorher zu wünschen übrig ließen, der Mangel an so notwendigen Erzeugnissen wie Seife und anderen Artikeln für die Körperpflege, die materiellen Engpässe, die die breitgefächerten Dienstleistungen unseres Bildungs- und Gesundheitswesens beeinträchtigen (einschließlich die Medikamente): All dies bedeutet für unser selbstloses Volk fünf lange Jahre großen Mangels und einen gewaltigen Rückgang des Lebensstandards, den wir in den 80er Jahren erreicht hatten. Dank des Handelns des sozialistischen Staates wurde trotz der Wirtschaftskrise in Cuba nicht eine einzige Schule, nicht ein Krankenhaus, Kindergarten und Seniorenheim geschlossen, und die Merkmale des Gesundheits- und Bildungswesens, die die Welt bewundert, wurden beibehalten.

Mutlosigkeit und Verwirrung

Zu diesen materiellen Schwierigkeiten gesellten sich Mutlosigkeit und politische Verwirrung, hervorgerufen durch den Zerfall des Sozialismus in Osteuropa und vor allem durch die Auflösung der Sowjetunion. Und die Verschärfung des psychologischen Krieges der größten Supermacht in einer unipolaren Welt, die ihre Propagandamittel in einem unglaublichen Ausmaß auf unsere kleine Insel konzentriert, was 1995 z.B. monatlich in Zehntausenden Sendestunden unzähliger feindlicher Sendeanstalten zum Ausdruck kam.

US-amerikanische Radiosender überhäufen vom Territorium der USA aus unseren Senderaum mit spanischsprachigen Programmen, die speziell für die cubanische Hörerschaft hergestellt werden. Doch damit geben sie sich noch nicht zufrieden. Sie streben danach, daß wir es den Verrätern des ehemaligen sozialistischen Lagers gleichtun, die zuließen, daß multinationale Konzerne einen Anteil an den Massenmedien ihrer jeweiligen Länder erwarben.

Mit dem ihm eigenen Zynismus fordert der Imperialismus das, was sein eigenes System bei seinen Gegnern nicht duldet. Wer kontrolliert in den Vereinigten Staaten die große Presse, das Radio und das Fernsehen?

Niemals in der Geschichte der Welt wurde ein Volk, in vergleichbarer Art und Weise, mit so ungeheuer viel heimtückischer, verlogener und subversiver Propaganda überschüttet.

Kombinierte ideologische Offensive

Dazu kommt noch - denn es handelt sich um eine kombinierte ideologische Offensive - die Rolle der diplomatischen und konsularischen Repräsentanten sowie von Vertretern von US-amerikanischen Agenturen, die mit der Interessenvertretung der USA (SINA) in Havanna zu tun haben. In diesen Fällen sind wir Augenzeugen eines diplomatischen Lebens, das wenig diplomatisch ist. Da finden auf der Suche nach Informationen ständig Reisen durch alle Provinzen statt und Versuche des Eindringens in die sogenannte Welt der Intellektuellen. In das Schulwesen, das Gesundheitswesen, oder man wendet sich an jugendliche Persönlichkeiten oder Idole. All dies sind Bereiche, die sie für empfänglich oder anfällig halten. Kurz, es ist eine ganze Sammlung von geplanten Aktivitäten, die das gesamte Universum unserer Gesellschaft umfassen und darauf gerichtet sind, unser Volk zu entzweien, es zu verwirren und es ideologisch zu unterwandern, um zu versuchen, uns aus dem Gleichgewicht zu bringen. (...)

Track One (Teil Eins) der anticubanischen US-Strategie ist die Blockade mit dem Ziel der wirtschaftlichen Erdrosselung. Track Two (Teil Zwei) ist die interne Subversion, um uns subtil von innen heraus zu zermürben. Beide Teile ergänzen sich.

Das Erste, was wir Revolutionäre begreifen müssen, ist, daß die Verabschiedung des Helms-Burton-Gesetzes, das den Teil Eins auf wahnsinnige Art verschärft, nicht bedeutet, daß der Feind den Teil Zwei aufhebt. Die Versuche, Verwirrung, fehlendes Vertrauen und Zwietracht zu sähen und das cubanische Volk zu spalten, um Unzufriedenheit, zivilen Ungehorsam und eventuell Ausschreitungen zu provozieren, die den extremistischen Yankee-Kreisen einen Vorwand für militärische Aktionen liefern, sind weit davon entfernt, nachzulassen. Sie werden zunehmen. Der Feind wird neue Wege der Einflußnahme suchen und die bereits vorhandenen Kanäle, von Europa und verschiedenen Orten unseres Kontinents aus, verstärkt nutzen.

Wie bereits gesagt, der Feind verheimlicht seine Absichten nicht, einen Teil der sogenannten Nichtregierungsorganisationen, die in den letzten Jahren in Cuba gegründet wurden, zu benutzen, um mit diesem Trojanischen Pferd die Spaltung und Subversion zu verstärken. (...)

Manipulationsversuche

Wir wären dumm, wenn wir die Manipulationsversuche nicht erkennen würden, die man mit Hilfe anderer sogenannter NGO's (Nichtregierungsorganisationen, d.Red.) unternimmt, deren einziges Ziel es ist, unser Land erneut zu versklaven und es in ein noch abhängigeres Puerto Rico zu verwandeln. Und sie suchen immer wieder Ansatzpunkte in Cuba, um sich in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen.

Es muß hinzugefügt werden, daß wir lange gebraucht haben, diese Manöver gründlich zu untersuchen und konsequent zu handeln.

Bittere Erfahrungen

Beginnen wir damit, uns mit der Situation der Studienzentren auseinanderszusetzen, die dem Zentralkomitee der Partei nahestehen. Ab 1976 wurden sie ins Leben gerufen, was berechtigt war und ist. Doch ohne, daß wir rechtzeitig reagierten, verfingen sich manche Genossen Schritt für Schritt im Spinnennetz ausländischer Kubanologen, die in Wirklichkeit Diener der US-Politik zur Bildung einer fünften Kolonne waren, wobei sich Naivität mit Pedanterie verbunden haben, Aufgabe der Klassenprinzipien mit der Versuchung, zu reisen und Artikel und Bücher nach dem Geschmack derjenigen zu verlegen, die sie finanzieren können. So ist es mit dem Zentrum für Amerikastudien geschehen. (...)

Im Licht der bitteren Erfahrungen mit dem Institut für Amerikaforschungen, muß die Arbeit des Instituts für Europaforschung und die aller anderen untersucht werden. Es ist notwendig, daß die Partei auf Grundlage ihrer Beschlüsse eine Analyse zum Abschluß bringt, und wir schnellstens eine einheitliche und konsequente, unnachgiebige Politik umsetzen, die es erlaubt, im derzeitigen internationalen Umfeld zu handeln, aber innerhalb der Grenzen, die in der aktuellen Lage vernünftig sind, damit sich diese Einrichtungen nicht in Instrumente verwandeln, die unserere Gegner beanspruchen. (...)

Eine neutrale oder unklare Haltung zu vertreten, um einer Auseinandersetzung oder einem heiklen Thema auszuweichen, bedeutet, vor dem Gegner eine Schwäche zu zeigen, die inakzeptabel ist, und das heißt letztlich, der vom Gegner vertretenen Haltung zuzustimmen. Dafür gibt es in jüngster Zeit mehr als genügend Beispiele. Außerdem sollte diese Lektion dazu beitragen, daß unsere Massenmedien nicht als Urheber oder Sprachrohr von Ideen und Konzeptionen in Erscheinung treten, die von denen abweichen, die die Revolution befürwortet und verteidigt. (...)

In Wirklichkeit denken jene, die unter dem Druck unserer Feinde auf eine neue, entideologisierte Form der Nachahmerei verfallen, weder selbststädnig, noch handeln sie wie Revolutionäre.

Den cubanischen Revolutionären, die das Volk seit der Ära des Sturms auf die Moncada-Kaserne dazu erzogen haben, selbstständig zu denken und zu entscheiden, und die sich bei allem, was sie tun, auf das einfache Volk und die aus seinem Schoß hervorgegangenen bedeutenden Vorbilder beziehen, kann niemand Unterricht in Flexibilität und Offenheit erteilen. Unser gesellschaftlicher Entwurf gründet sich auf den Konsens und die Einheit, die wir, gemäß Martí, nicht mit künstlich erzeugter Einstimmigkeit verwechseln, aber auch nicht mit der Uneinigkeit, die die Nation spaltet und zur leichten Beute der ausländischen Herrschaft macht. Eien weitere Angelegenheit, die dringend die Aufmerksamkeit des Zentralkomitees und der gesamten Partei verdient, bezieht sich auf eine Variante von Glasnost, die in Cuba in letzter Zeit einige subtile Ausdrucksformen angenommen hat. Die sogenannte Glasnost, die die UdSSR und andere sozialistische Länder unterminiert hat, bestand darin, die gesamten Informationsmedien, eins nach dem anderen, den Feinden des Sozialismus zu überlassen. (...)

Über die Rolle der Ideen

Alarmiert durch die Erfahrung und dank der Anschaung Martís, daß die Schützengräben der Ideen im Krieg wichtiger sind als die Schützengräben aus Stein, halten wir daran fest und werden weiter daran festhalten, daß die wirklich freie Presse jene Presse ist, die der Freiheit des Volkes dient und nicht den Ausbeutern, die in Miami auf der Lauer liegen. (...)

Aber unsere Wachsamkeit hat nachgelassen, wir haben aufgehört, die Einhaltung unserer eigenen Regeln zu überwachen, und schon sind Publikationen erschienen, die nicht wenige ihrer Seiten unverhohlen meistbietend versteigern. Natürlich lassen sie durchblicken, daß sie, ohne irgendwelche Zugeständnisse machen zu müssen, Spenden aus dem Ausland erhalten werden. Und sie nutzen auch die Mittel, die sie von einigen kulturellen Einrichtungen des Landes erhalten.

In diesen Publikationen erscheinen, natürlich neben interessanten und politisch richtigen Informationen, häufig andere, die sich kaum von solchen unterscheiden, wie sie US-amerikanische Akademiker verfassen, die der Revolution feindlich gesinnt sind, in einer vermeintlich revolutionären Sprache, deren Zweck zu sein scheint, ihre wahren Absichten zu verschleiern.

Es wurde sogar davon gesprochen, die Zeitschrift Pensamiento Critico, die in den 60er Jahren der ideologischen Verwirrung Vorschub geleistet hatte, als Modell für einige dieser Fachpublikationen zu nenutzen. Die Zeitschrift Pensamiento Critico von damals und einige Arbeiten, die in letzter Zeit unter uns zirkulieren, stimmen, bewußt oder unbewußt, mit jenen überein, die die Entstehung der 5.Kolonne in Cuba unterstützen. (...)

Es gibt Personen, die, ohne dazu befugt zu sein, Aktivitäten auf dem Gebiet der Außenpolitik entwickeln, oder, was noch schlimmer ist, solche, die auf eigene Verantwortung und Gefahr Kontakte zu ausländischen Geheimdiensten herstellen. Sei es auch mit den besten Absichten der Welt, so sind wir dennoch nicht bereit, dieses freischwebende Verhalten zuzulassen, das die verantwortungsvolle und gewissenhafte Arbeit derjenigen stört, die dem Gesetz nach befugt sind, diese Aufgaben wahrzunehmen. Gleichzeitig senden sie dabei falsche Signale in solch komplizierten und empfindlichen Angelegenheiten aus.

Wir hoffen, daß die Betroffenen durch diese letzten Ausführungen die Ernsthaftigkeit dieses Sachverhalts begreifen und dadurch zu der Überzeugung gelangen, daß wir dies ganz einfach nicht weiter zulassen werden.«

Anmerkungen: (1) Es handelt sich bei dieser - von uns aus Platzgründen stark gekürzten - Rede Raúl Castros um den Bericht des Politbüros der Kommunistischen Partei Kubas (PCC), den der Zweite Sekretär der PCC dem Zentralkomitee auf seiner Sitzung am 23. März 1996 vortrug. Er wurde in ganzer Länge von der deutschsprachigen Ausgabe der Granma International in ihrer Mai-Ausgabe 1996 abgedruckt. Wer Interesse an dem gesamten Text oder einem Abo dieser Zeitung hat, der wende sich bitte an das »Netzwerk Cuba - informationsbüro - e.V.«, Reuterstraße 44, 53113 BONN, Tel & Fax: 0228-241505, E-Mail: cubared@link-k.comlink.de«

(2) Mit der Periodo Especial werden in Cuba jene ökonomischen Probleme beschrieben, die durch den Wegfall des sozialistischen Lagers und den durch die USA geführten »Wirtschaftskrieg in Friedenszeiten« ausgelöst wurden.

Castroú, Raúl


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